Eren Güvercin und die Anatomie einer Propaganda

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Seit vergangenen Freitag besucht Mustafa Açıkgöz, AKP-Abgeordneter in der Türkei, türkische Vereine, um auf die gegenwärtige amtierende Regierung einzustimmen; und vor der Propaganda der PKK wie auch Gülen-Sekte zu warnen und dafür Sorge tragen zu wollen, dieser habhaft zu werden.

Offenbar fühlen sich seitdem einige auf den Schlips getreten, an vorderster Front Eren Güvercin, Ali Ertan Toprak, Burak Çopur oder Bülent Keneş.

Die Anatomie einer Propaganda

Zum Wesen der Propaganda gehören die identifizierenden, gemeinsamen Erkennungsmerkmale. Propaganda ist also etwas, was auf sowohl positive als auch negative Emotionen einer Gruppe abzielt, die eine Gefahr für die gemeinsame Identifikation darstellen, aber auch Angst und Hass auslösen.

Wahlkampf und ihre Rhetorik

Zum Wesen einer bevorstehenden Wahl gehört, dass ein Politiker wie Mustafa Açıkgöz, derzeitiger Abgeordneter der AKP von Nevşehir, Wahlkampfpropaganda betreibt. Und zwar für die bevorstehenden Wahlen in der Türkei, um türkische Wähler im Ausland zu mobilisieren. Hier im speziellen Fall in einem türkischen Verein in Neuss und weiteren im Bundesgebiet.

Seit mehr als 60 Jahren Gang und Gebe

Das ist nichts Neues in der mehr als 60-jährigen Migrationsgeschichte der Türken, bei der auch gegenwärtig Oppositionsparteien aus der Türkei Parteibüros in Deutschland unterhalten, um die hiesige türkische Stammwählerschaft bei Laune zu halten, neue Wähler zu gewinnen; darunter die CHP.

Eren Güvercin deutet Rhetorik um

Auf der anderen Seite betreibt Eren Güvercin, Mitglied der Alhambra Gesellschaft, Propaganda und zwar mit dem Deutschland-Aufenthalt eines gewählten türkischen Abgeordneten der Nationalversammlung und dessen Wahlkampfrhetorik. Dabei erhält Güvercin über Retweets Zuspruch von Lamya Kaddor (Grüne), Ali Ertan Toprak (CDU), Burak Çopur oder Bülent Keneş. Hier stellt sich die Frage, zu welchem Zweck?

Während Mustafa Açıkgöz auf die Gefahren hinweist, die von der Gülen-Sekte sowie Terrororganisation PKK für die Türkei ausgehen - die Gülen-Sekte wie auch die PKK sind in der Türkei verbotene Terrororganisationen - warnen Follower von Eren Güvercin vor einem Mitglied des türkischen Nationalparlaments, der „Kurden“ zum Feindbild mache. Dabei erwähnte der Abgeordnete mit keiner Silbe die Kurden. Doch damit nicht genug, setzt er weiter an und greift bestimmte türkische Vereine in Deutschland an, die seit Jahrzehnten damit belastet worden sind, angeblich „Kurden“ zu verfolgen.

Der Fokus von Güvercin erfasst dabei wohlgemerkt die überwältigende Mehrheit der türkischen Vereine und Verbände in Deutschland. Diese will Eren Güvercin angeblich vom türkischen Staat lösen, spricht damit aber in der Konsequenz türkischen Staatsbürgern die politische Mündigkeit ab und kriminalisiert sie geradezu. Zu welchem Zweck?

Bei Eren Güvercin kommen PKK und Gülen-Sekte nicht ins Repertoire

Güvercin, der seit seiner Tätigkeit gegen die überwältigende Mehrheit türkischer Vereine und Verbände in Deutschland agiert, hat noch selbst nie die Gülen-Sekte oder die PKK bzw. weitere türkische linksextreme Terrorzellen in den Mund genommen. Vielmehr hat er Letztere Identitätsgruppen mit seiner Tätigkeit als Journalist und Experte sogar begeistert, Angst und Hass weiter etabliert; verblüffenderweise eben jene Merkmale, die er ja Mustafa Açıkgöz vorwirft.

Elite der Gülen-Sekte teilen Tweets von Eren Güvercin

Dabei bekommt Eren Güvercin Schützenhilfe von Sektenmitgliedern der Gülen-Bewegung in Deutschland (Kemal Karanfil), aber auch Schweden (Bülent Keneş); samt und sonders die Elitetruppe von Fethullah Gülen. Nebenbei erhascht er auch rein zufällig die Aufmerksamkeit von PKK-Sympathisanten. Ali Ertan Toprak und Burak Çopur geben zeitnah ebenfalls zu verstehen, wie sie zum Treiben in den türkischen Vereinen und Verbänden stehen. Und eine Lamya Kaddor, ihrerseits Abgeordnete der Grünen im Bundestag, bläst ebenfalls zur umfassenden Propaganda gegen türkische „Einflussnahme" auf.

Man redet über türkische Staatsbürger und deren Wahlrecht

Wir reden hier über türkische Staatsbürger, die rein zufällig in der Türkei wahlberechtigt sind und daher von gewählten Abgeordneten des türkischen Nationalparlaments überzeugt werden wollen - schließlich werden sie ja nicht dazu gezwungen, dem Spektakel beizuwohnen. Wohlgemerkt, es sind nicht nur Abgeordnete der AKP, sondern HDP, CHP oder DEVA-Partei, die in Deutschland auf Wahlkampftour unterwegs sind.

Wie kann man eine Wahlkampfrhetorik für die eigene Propaganda zerfleddern, und das auch noch zeitnah im Stechschritt? Das in Deutschland etablierte Narrativ, die amtierende türkische Regierung baue beständig die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ab, ist erst seit 2011, spätestens 2012 gängig. Über eine Dekade war Recep Tayyip Erdoğan, ob als Ministerpräsident oder als Staatspräsident, aufgrund dessen, dass er vom Volk gewählt wurde, ein Musterknabe der Europäer, vor allem in Deutschland. Danach wendete sich das Blatt, obwohl er weiterhin vom Volk gewählt wurde. Offensichtlich liegt es nicht mehr im Interesse Deutschlands, wie Recep Tayyip Erdoğan regiert.

Erdoğan als Blaupause

Seither dient Recep Tayyip Erdoğan vor allem in Deutschland für Medien wie auch Politik als Blaupause für Diktaturen, Unrechtsstaaten oder Menschenrechtsverletzungen. Auf diesen springen dann welche Gruppen auf? Die Gülen-Sekte, die nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei, Zuflucht in Deutschland gefunden haben. Seit Jahrzehnten auch für Anhänger und Mitglieder der Terrororganisation PKK, die Zuflucht in Deutschland, und in den Parlamenten fanden.

Aus dem Ausland über die Türkei hehre Ziele etablieren

Seit diesem Dasein der terroristischen Gruppierungen als „Exilanten“, die sich nach wie vor nicht der türkischen Justiz stellen wollen und auch jetzt nicht beabsichtigen, im Namen des türkischen Volkes Rechenschaft abzulegen, wird von eben diesen Gruppen die Behauptung aufgestellt, in der Türkei gebe es keinen rechtsstaatlichen Standard und damit keine Demokratie. Sie wollen nach eigenem Bekunden das Land nach ihren Vorstellungen formen, angeblich in eine „Demokratie“ oder „Föderalismus“ führen, gar teilen und „Rechtsstaatlichkeit“ wallten lassen, vielfältige Kulturen und Religionen ermöglichen. Zumindest sind das ihre hehren Ziele, ohne dabei das türkische Wahlvolk oder deren Wahlrecht zu berücksichtigen.

Mehrheit der türkischen Vereine und Verbände wird kriminalisiert -  wegen dem Wahlrecht

Das ist natürlich in erster Linie quatsch, die Mehrheit des Volkes zu kriminalisieren, sie zu entmündigen. Zum anderen hat es nichts mit dem zu tun, was wir in der Türkei jetzt haben. Das ist ein demokratisches Land mit einem Präsidenten. Er ist demokratisch gewählt worden, auch aus dem Ausland heraus. Alles andere ist Propaganda von eben jenen, die ihre eigene Propaganda etablieren wollen, und dabei die deutsche Politik ebenfalls beeinflussen, um das Wahlrecht der hiesigen Türken einzuschränken oder zumindest zu stören.

Eren Güvercin, die Eisenstange gegen türkische Wahlberechtigte

Die großen Helden dieser Gruppierungen, die auf Eren Güvercin's Propagandatätigkeit aufspringen, weil das über einen Journalisten - der selbst der Gülen-Sekte nahe steht (Erkan Pehlivan) - über die Frankfurter Rundschau breitgetreten wird, sind also „Demokraten“, „Werteverteidiger“ oder „unschuldige einer Diktatur“, die weder den Willen des türkischen Volkes respektieren, noch deren Ordnung und Werte teilen. Sie sprechen es ihnen sogar ab.

Es gibt nicht viele Argumente, die für diese Burschen sprechen. Wollen sie etwa 2,4 Prozent der türkischen Wählerstimmen in Europa abbringen, sich Wahlkämpfe anzuhören, unabhängig davon, wo es stattfindet? Schließlich stehen diese Vereine doch für jeden Wahlkampf offen, ob deutscher oder türkischer!

Sind diese Prozentpunkte etwa das Zünglein an der Waage, oder weshalb versucht man in Deutschland die Wähler mit Biegen und Brechen von ihrem Informations- und Wahlrecht abzuhalten? 1,4 Millionen wahlberechtigte türkische Staatsbürger leben in der Bundesrepublik, 326.000 in Frankreich, 252.000 in den Niederlanden und in den übrigen europäischen Ländern insgesamt 530.000. Das sind summa summarum 2,5 Millionen Wahlberechtigte in Europa. Macht 2,4 Prozentpunkte, die darüber entscheiden, wer in der Türkei regiert. Nicht wirklich ein Argument, um die türkischen Wähler dafür anzuschnauzen, weil sie sich Wahlkampfrhetorik in Moscheen anhören, die für jeden Politiker, ob deutscher oder türkischer Kandidat, offen stehen.

Will man etwa türkische Vereine, ob nun Moscheeverein oder Kulturverein, nur dann akzeptieren, wenn sie deutsche Interessen verfolgen? Was machen wir dann mit all den türkischen Staatsbürgern, die diese Vereine mit aufgebaut haben, Mitglieder sind? Einbürgern und deren türkische Staatsbürgerschaft aberkennen, ja sogar Vereinsverbote aussprechen? Nicht wirklich ein schlüssiges Argument, die man auch durchsetzen könnte.

Geht es im Kern nur um Hass und Rassismus zu begegnen? Will man Hass und Rassismus begegnen, sollten zuerst die Terrororganisationen und deren Sympathisanten konsequent verfolgt werden, die türkische Einrichtungen wie Moscheen oder Vereine zum Ziel von Attacken oder Anschlägen wählen, nach dem sie sich nach einem Vorfall in der Türkei dafür eingestimmt haben. Danach können wir über Angst und Ohnmacht in Deutschland reden, oder? Also auch kein richtiges Argument das greift, schließlich sind die hiesigen Türken stets die Leidtragenden dieser Politik, die aus dem Ausland hierher getragen wird.

Was die deutsche Öffentlichkeit mit dem türkischen Wahlkampf zu tun hat, erschließt sich mir bis heute nicht

Eren Güvercin ist, ob gewollt oder ungewollt, sei mal dahingestellt, zur Stimme der Gülen-Sekte und der PKK avanciert. Er setzt am türkischen Wahlkampf an, um deren Situation oder Position gewollt oder ungewollt zu verbessern, während die türkischen Wähler entmündigt werden sollen. Zumindest erhoffen sich diese Gruppen etwas davon, weshalb sie es teilen und sich darüber echauffieren. Darüber würde ich mir als ein freier Journalist und Mitglied der Islamkonferenz wie Eren Güvercin eher Sorgen machen, als über einen „Handwerker aus Baden-Württemberg“, der ein nüchternes Fazit zieht und darüber jetzt auch schreibt. Dann bin ich, Herr Güvercin, gerne auch ein „Troll“, um die Anatomie dieser Propaganda zu entschlüsseln, die zeitnah entfacht wurde, um die deutsche Öffentlichkeit gegen türkische Wähler bzw. Wahlberechtigte zu mobilisieren.