Der 7. Oktober- Beginn und Ende eines gemeinsamen Leids?

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Die Stadt Frankfurt hatte mal wieder eine geplante Pro-Palästina-Demonstration verboten. Das Verwaltungsgericht Frankfurt entschied nun: Die Kundgebung am 7. Oktober ist legal und das ist gut so!

Niemand hat einen Tag gepachtet, um auf Leid oder Terror hinzuweisen. Das sah auch das Gericht so. Allein das Datum der Versammlung könne ein Verbot nicht rechtfertigen, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts.

Da helfen auch die Hasstiraden nicht, die gerade vom Zaun gebrochen werden, um die Pro-Palästina-Demonstration amoralisch darzustellen.

Am zweiten Jahrestag des Überfalls der Hamas auf Israel am 7. Oktober, starben durch den Terror nicht nur Menschen auf der Seite Israels. Es starben ab diesem selben Tag auch Palästinenser im Gazastreifen.

Allein das Datum der Versammlung könne ein Verbot nicht rechtfertigen, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Das Verwaltungsgericht rügte auch die Stadt, weil diese wesentliche Verfahrensrechte der Veranstalter verletze.

Es ist sprichwörtlich derselbe 7. Oktober, ab dem die atomare Macht Israel unter der Netanjahu-Regierung keinen Hehl daraus machte, wie sie die Menschen in Gaza ausmerzen will.

Besetzung, Besiedlung und Förderung der Auswanderung. Nur so können wir das Gaza-Problem lösen. Indem wir das gesamte Land besetzen. Indem wir das gesamte Land besiedeln. Und natürlich, indem wir die freiwillige Auswanderung möglichst vieler [palästinensischer] Menschen in andere Länder fördern.

Itamar Ben-Gvir, Minister für nationale Sicherheit Israels, 06. Juni 2024

Keine Razzien oder Ein- und Aus-Operationen mehr – jetzt erobern wir, säubern und bleiben. Bis die Hamas vernichtet ist. Nebenbei wird auch der Rest des Gazastreifens ausgelöscht, einfach weil sich dort alles zu einer einzigen großen Terrorstadt entwickelt hat.

Bezalel Yoel Smotrich, Finanzminister (Nationalreligiöse Partei – Religiöser Zionismus), 19. Mai 2025

Kein Strom, kein Essen, kein Wasser, kein Gas. Alles ist geschlossen. Wir kämpfen gegen Tiere und handeln entsprechend.

Yoav Gallant, ehem. Israelischer Verteidigungsminister (Likud), 10. November 2023

Und wieso? Weil ein Netanjahu die Chance nutzt, in die israelischen Analen einzugehen und dabei auf seine religiös-fanatischen Kabinettsmitglieder setzt, die ihm dies ermöglichen. Netanjahus bezahlte Trollarmee im Ausland, seine politischen Günstlinge in Europa sowie die Staatsräson vereinzelter europäischer Wertedemokratien, ziehen hierbei bis zum bitteren Ende mit.

Die UN-Charta, das Völkerrecht und Seerecht, stehen dem entgegen. Das Grundgesetz Deutschlands steht über den politischen Bekenntnissen einer Staatsräson und die Demonstrationsfreiheit kann nicht aufgrund eines gepachteten Gedenktags ausgehebelt werden.

Eine atomare Macht mit demokratischem Antlitz, steht nicht über dem Völkerrecht oder Seerecht sowie die Hamas nicht das Völkerrecht verletzten kann, in dem es Terror verübt. Das eine rechtfertigt das andere nicht und umgekehrt.

Es kann und darf also nicht sein, dass die Hamas einen sogenannten Befreiungsschlag bzw. eine Strafexpedition durchführt und dabei willkürlich Menschen tötet. Es versteht sich von selbst, dass das auch für die Netanjahu-Regierung gilt. Das Freipressen der getöteten oder noch überlebenden Geiseln in der Hand der Hamas, mit dem Ausradieren einer ganzen Landschaft und dabei willkürlich Menschen zu töten, ist genauso Terror, u. z. folgerichtig von einem Terrorstaat.

Nun spricht man von "Abschaum", von "degenerierten Hamas-Verstehern", die ausgerechnet am Gedenktag auf die Lage der Palästinenser in Gaza hinweisen wollen. Der Widerspruch besteht darin, dass man vollkommen zurecht das "Leid", ich nenne es den sich vollziehenden Völkermord, ansprechen will, gleichzeitig jeden Protest am Verhalten der rechtsradikalen Regierung zur Durchsetzung ihrer hegemonischen und territorialen Fantasien kritisiert, dabei diese Menschen in abschätziger Weise als "Abschaum" bezeichnet.

Es scheint fast so, als würde man das Schwenken der palästinensischen Flaggen herbeisehnen, um einen Vorwand zu besitzen, diese sofort zu diskreditieren. Wofür? Ist man ein Wertedemokrat, gar ein Völkermord-Unterstützer, ein Rassist?

Übrigens, nur um den Gedenktag besinnlicher zu gestalten. Alles begann 1948, alle hatten ihre Chancen. Jedoch von Beginn an gab es den, mehr oder minder großen Terror der meisten israelischen Regierungen, der letztendlich zur Gründung der radikalen Hamas führte. 39 Jahre nach Gründung des Staates Israel, 39 Jahre der Demütigung, des Leids und des Terrors im Gazastreifen, wie auch im Westjordanland, kann man den 7. Oktober nicht auf ein einseitiges Leid reduzieren, mit der Staatsräson zurechtstutzen.

In Erinnerung an das viele Leid auf der israelischen wie palästinensischen Seite, sollte man seinen Wertekompass auch an universellen Normen, Werten und Gesetzen neu justieren. Selektive Empathie führt zur Erosion aller humanen Normen.