Türkei und Israel - nicht die pefekte Beziehung

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Die Türkei und Israel wollen ihre Beziehungen wieder normalisieren. Es wird aber ein langwieriger und beschwerlicher Weg bis dahin. Irit Lillian, die die türkisch-israelische Aussöhnung begleitet hat, sagt, dass das keine perfekte Ehe sei.

Am vergangenen Mittwoch gab der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu bekannt, dass die Türkei nach zweijährigen Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Israel, einen neuen türkischen Geschäftsträger in Tel Aviv bestellten will. Auch Israel gab bekannt, Irit Lillian als neue israelische Chefdiplomatin in Ankara akkreditieren zu lassen.

Keine perfekte Ehe

Lillian spielte dabei laut der The Times of Israel eine zentrale Rolle dabei, den Aussöhnungsprozess einzuleiten, um die diplomatischen Beziehungen auf einen neuen Nenner zu bringen. Irit Lillian zufolge gehe man dabei „keine perfekte Ehe ein“. Die Verbindungen seien darauf ausgelegt, die bilateralen Meinungsverschiedenheiten stillschweigend beizulegen, einschließlich über das Hamas-Büro in Istanbul.

Beide Länder waren sich jahrelang über die Behandlung der Palästinenser und anderen strittigen Themen in die Haare bekommen. Nun, nach dem Benjamin Netanyahu sein Amt im Juni 2021 niedergelegt hat, scheint man die Wogen glätten zu wollen. Die Ernennung von Botschaftern gehört dazu, um die Beziehungen zu normalisieren, die Probleme gemächlich anzugehen.

Hamas-Büro in Istanbul vs. Gewalt gegen Gaza

Einige Streitpunkte sind derweil geblieben. Während Israel das Hamas-Büro in Istanbul ein Dorn im Auge ist, sorgen die Gewaltwellen der israelischen Armee IDF im Gaza, der Türkei erhebliche Sorgenfalten. Laut Ankara übe das Hamas-Büro nur politische Aktivitäten aus und Israel gibt vor, im Gazastreifen Terroristen zu verfolgen.

Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu ist aber überzeugt, dass die Differenzen nur im Dialog und mit konstruktiver Kritik beigelegt werden können. Ankara geht es um Achtung der Rechte der Palästinenser im Gaza, während Tel Aviv das Hamas-Büro in Istanbul als Drehkreuz des Terrors der Hamas betrachtet. „Wir bewegen uns in eine richtige, positive bilaterale Beziehung hin, die eine breite Palette von Aktivitäten umfassen, aber wir wissen, dass es Punkte gibt, in denen wir uns nicht einig sind“, sagt die höchste israelische Diplomatin in der Türkei, Irit Lillian.

Die türkisch-israelischen Beziehungen haben sich insbesondere in den letzten 15 Jahren regelmäßig verschlechtert – teilweise aufgrund der israelischen Besatzungsgewalt gegen die Palästinenser, erklärt Prof. Dr. Çağrı Erhan, Analyst für internationale Beziehungen. Das bedeute aber nicht, dass die bilateralen Beziehungen dauerhaften Schaden davon nehmen. Vielmehr müssten beide Länder die gegenseitigen Bedenken ausräumen und aufeinander zuzukommen.

Laut Prof. Dr. Çağrı Erhan habe Israel ihre Bedenken über eine politische Unterstützung der Hamas seitens der Türkei ausreichend formuliert. Die Türkei versuche im Gegenzug zu vermitteln, dass die Besatzungsgewalt nicht hinzunehmen sei. Erhan zufolge bedeute die derzeitige Annäherung an Israel für die Palästinenser nicht, dass Ankara sie vergessen, ihre Unterstützung für die Palästinenser nicht beeinträchtigen werde. Auch Çavuşoğlu betonte am Mittwoch: „Wie wir immer gesagt haben, werden wir weiterhin die Rechte der Palästinenser verteidigen.“

Israel und Türkei immer wieder im Zwist

Der damalige Ministerpräsident und gegenwärtige Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan übte gleich zu Beginn seiner Amtszeit heftige Kritik an Israel, stattete dem Land aber zu Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2005 dennoch einen offiziellen Besuch ab.

2018 hatten Israel und die Türkei ihre jeweiligen Botschafter aus dem jeweils anderen Land ausgewiesen, nachdem die USA unter dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump ihre Botschaft in einem pompösen Auftritt von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt hatten, von dem die Palästinenser einen Teil (Ost-Jerusalem) als ihre Hauptstadt betrachten. Damit entfachte Israel entlang der israelischen Grenze gewalttätige Proteste entlang der Gaza-Grenze. Mindestens 100 Palästinenser wurden von israelischen Soldaten getötet.

Aber das war nicht das erste Mal, dass die Spannungen zwischen der Türkei und Israel aufflammten. 2010 zogen die beiden Länder ihre Botschafter aus Ankara und Tel Aviv ab, nachdem israelische Marineeinheiten eine türkische Hilfsflotte angegriffen und mindestens zehn türkische pro-palästinensische Aktivisten getötet hatten. Die Demonstranten hatten vor, eine 15-jährige Blockade des Gazastreifens seitens Israels zu durchbrechen und Lebensmittel- und Hygiene-Artikel zu liefern.

Israel hat nach dem Zwischenfall seitdem 20 Millionen US-Dollar an Entschädigung an die Familien der Opfer der Schiffskaperung auf hoher See gezahlt. Die Türkei ließ daraufhin ihre Strafanzeigen gegen israelische Offiziere fallen. Die beiden Länder hatten nach der Entschädigungszahlung bis zu den Entwicklungen zur Verlegung der US-Botschaft im Jahr 2018 die diplomatischen Beziehungen wiederhergestellt.

Wiederannährung zwischen Israel und Türkei

Seit Ende der Amtszeit von Benjamin Netanyahu hatte Erdoğan immer wieder den Wunsch geäußert, israelisches Erdgas über die Türkei nach Europa liefern zu wollen. Im März dieses Jahres besuchte der israelische Präsident Isaac Herzog dann die Türkei und der türkische Außenminister Çavuşoğlu besuchte Israel im Mai. Israels Ministerpräsident Yair Lapid wurde dann im Juni mit allen militärischen Ehren in Ankara empfangen.