Nach dem israelischen Luftangriff auf Doha, der Hauptstadt Katars, verstärkt die Türkei ihre militärische Aufrüstung und Kapazitäten. Die türkische Besorgnis über israelische Angriffe auf ihr Territorium hat exponentiell zugenommen. Die türkische Besorgnis rührt nicht nur von Israels völkermörderischem Schlachten im Gazastreifen her, auch nicht vom Angriff auf Katar, sondern von der Besorgnis, dass das Land versucht, eine Pufferzone schwacher Länder um sich herum zu schaffen und Stück für Stück einzuverleiben. Diese Besorgnis teilt auch vollumfänglich die türkische Gesellschaft, was man anhand der fruchtlosen Bemühungen eines Arye Sharuz Shalicar, dem offiziellen Sprecher der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF), erkennt. Seine frühe Fixierung auf türkischsprachige schmeichelnde "Frontpropaganda" bei den Türken im In- wie Ausland, endete recht früh - offensichtlich wegen der bereits verfestigten Haltung der türkischen Gesellschaft.
Türkisches Militär zeigt sich besorgt
Der Sprecher des türkischen Verteidigungsministeriums, Konteradmiral Zeki Ektürk, warnte letzte Woche während einer Pressekonferenz die türkische Gemeinschaft, Israel werde „seine rücksichtslosen Angriffe wie in Katar weiter ausweiten und die gesamte Region, einschließlich des eigenen Landes, in eine Katastrophe stürzen“. Ektürk erklärte des Weiteren, „Israel handelt mit alarmierender Rücksichtslosigkeit. Wenn es so weitermacht, gefährdet es nicht nur seine Nachbarn, sondern auch sich selbst.“ Seine Äußerungen erfolgten nach dem israelischen Angriff in Doha.
Die Erklärungen aus Ankara erfolgen vor dem Hintergrund einer deutlichen Ausweitung der türkischen Aufrüstung und Militärkapazität. So kündigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan während der militärischen Operation gegen den Iran „Am K'Lavi – Ein Volk wie ein Löwe“, eine Beschleunigung der Entwicklung und Produktion des türkischen Schutzschildes „Stählerne Kuppel“ an.
Die Besorgnis der Türkei rührt nicht nur von Israels Vorgehen in Gaza oder Katar her, sondern auch von der Befürchtung, dass Israel versucht, eine Pufferzone schwacher Staaten um sich herum zu errichten. Dr. Serhat Süha Çubukçuoğlu, Leiter des Türkei-Programms bei TRENDS Research & Advisory, erklärte herzu jüngst: „Israels Fähigkeit, scheinbar ungestraft Angriffe durchzuführen und dabei oft die territoriale Lufthoheit anderer Länder und damit internationale Normen zu brechen, schafft einen Präzedenzfall, der Ankara zutiefst beunruhigt.“ Çubukçuoğlu fügte hinzu, die Türkei betrachte diese Angriffe als „Teil einer umfassenderen israelischen Strategie, eine fragmentierte Pufferzone schwacher oder kontrollierter Staaten um sich herum zu errichten."
Auch und vor allem deshalb verschärft sich im syrischen Gebiet die Rivalität zwischen den beiden Ländern. Israel und die Türkei konkurrieren um Einfluss in der Region, insbesondere seit dem Sturz des Regimes von Baschar al-Assad. Ankara liefert seit dem Machtwechsel Waffen und Ausbildung an die neue Interimsregierung in Damaskus, was die Lage weiter anheizt. Letzte Woche wurde berichtet, dass Israel eine Lieferung von Luftabwehrwaffen angegriffen und zerstört habe, die die Türken an Ahmed al-Scharaa, dem Interimspräsidenten übergeben hätten. Dies führte zu einer weiteren Verschärfung der Lage zwischen den beiden Ländern.
Die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei, einst von einer starken regionalen Partnerschaft geprägt, verschlechterten sich Ende der 2000er Jahre und erreichten nach dem Gaza-Krieg ab dem 7. Oktober 2023 einen beispiellosen Tiefpunkt. Nun scheint es, dass die wachsende Rivalität und die Spannungen in Syrien die Lage weiter verschärfen und die beiden Länder in einen direkten Konflikt ziehen könnten.
Vollkommener Bruch erst im August 2025
Die dramatische Wende in den türkisch-israelischen Beziehungen erfolgte erst Ende August, als Ankara eine vollständige Aussetzung des Handels mit Israel, die Schließung seiner Häfen für israelische Schiffe und Beschränkungen seines Luftraums für israelische Flüge aussprach. Dieser "verspätete Schritt" spiegelt den wachsenden internen Druck auf die türkische Führung, adäquate dringliche Antworten auf eine komplexe geopolitische Lage, vor allem in den Sicherheitsbedenken in Zusammenhang mit Syrien und der Rolle Israels, zu finden.
Die Entscheidung vom August folgte auf eine Dringlichkeitssitzung des türkischen Nationalparlaments hin, die einberufen worden war, um über den israelischen Angriff auf Gaza zu beraten, wo die Zivilbevölkerung seit dem 7. Oktober 2023 unter weitverbreiteter Zerstörung und systematischem Hunger leidet.
Die Ankündigung erfolgte zeitgleich mit der Erklärung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den sogenannten Völkermord an den Armeniern im Jahr 1915 anzuerkennen – ein Schritt, der in Ankara als kalkulierte Provokation mit dem Ziel aufgefasst wurde, die Türkei in Verlegenheit zu bringen.
„Ankaras Entscheidung spiegelt eine sorgfältige Abwägung zwischen humanitären Erwägungen und politischen Interessen wider“, erklärte hierzu Furkan Halit Yolcu, ein Experte für internationale Sicherheit am Middle East Institute, gegenüber The New Arab.
„Historisch betrachtet hat die Türkei eine starke Position zur Unterstützung humanitärer Anliegen eingenommen, sei es in Palästina oder an geografisch weniger verbundenen Orten, wie etwa der Notlage der uighurischen Muslime in China.“ Yolcu argumentiert jedoch, dass die Entscheidungen Ankaras in diesen Zusammenhängen nicht von seinen umfassenderen geopolitischen Ambitionen getrennt betrachtet werden könnten. Die Türkei betrachte vielmehr "den wachsenden regionalen Einfluss Israels als direkte Bedrohung für die Stabilität des Nahen Ostens und ihre strategischen Interessen in Syrien und im östlichen Mittelmeerraum.“ Yolcu verwies dabei auf die militärischen Aktionen Israels in Syrien, die seit dem Sturz von Baschar al-Assad erfolgten, die Bombardierung des Libanon und die Bemühungen, Westjordanland und den Gazastreifen zu annektieren.
Türkisches Außenministerium protestiert inzwischen lautstark
Bei der Krisensitzung im Nationalparlament hatte der türkische Außenminister Hakan Fidan, die Aussetzung des Handels und die Schließung der Häfen als einen Protest, als einen unverrückbaren Standpunkt gegen Israels „Völkermord“ und „Hungerpolitik“ im Gazastreifen bezeichnet.
„Der Völkermord Israels stellt eines der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte dar“, erklärte Fidan in seiner Rede vor dem Nationalparlament und fügte hinzu, die Verbrechen würden „vor den Augen der Welt und unter eklatanter Missachtung menschlicher Werte und des Völkerrechts“ begangen.
In einem Interview mit Al Jazeera während des Sondergipfels der Arabischen Liga und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit in Doha sagte Fidan am vergangenen Sonntag: „Es gibt zwei Gründe für die israelische Expansion. Der erste ist der Wunsch, seine Grenzen zu erweitern und einen größeren Staat Israel zu errichten. Der zweite ist, die Länder der Region zu schwächen, sie handlungsunfähig zu machen."
Wohlüberlegt, gemählich aber deutlich
Das Ergebnis der Verschlechterung der bilateralen Beziehungen zeigt deutlich, wie dosiert und wohlüberlegt die türkische Sanktionspolitik bis zum Bruch verlief. Nach Angaben des türkischen Handelsministeriums ging der bilaterale Handel mit Israel zwischen dem 7. Oktober 2023 und dem 2. Mai 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 32 Prozent zurück. Die türkischen Exporte sanken dabei um 30 Prozent, während die Importe aus Israel um 43,4 Prozent einbrachen. Im Dezember 2023 gab der türkische Handelsminister Ömer Bolat bekannt, dass das Handelsvolumen bereits um mehr als die Hälfte zurückgegangen sei, was darauf schließen lässt, dass der Rückgang eher allmählich als plötzlich erfolgte.
Der ehemalige Kabinettsberater Cahit Toz kommentierte diese differenzierte Politik so: „Vom jährlichen Handelsvolumen von 6 bis 7 Milliarden Dollar profitierte Israel deutlich mehr als die Türkei. Die Importe aus Israel konzentrierten sich auf militärische und technologische Sektoren, während die Türkei nun vor Ort dies in höherer Qualität produziert und so ihre Abhängigkeit von israelischen Waren verringert hat.“ Toz fügte hierzu hinzu, dass Israel stärker von türkischen Produkten abhängig sei, was Befürchtungen hinsichtlich steigender Preise, insbesondere bei Lebensmitteln, aufkommen lasse.
Die vollen Auswirkungen sind noch nicht absehbar, doch erste Indikatoren deuten darauf hin, dass die Türkei auf ihre eigenen Produktionskapazitäten und alternative Märkte setzt, während Israel mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert ist. Der Bruch, der mit der strategischen Entscheidung zu wirtschaftlichen Sanktionen erfolgte, geht weit über das hinaus, was man als Handelsverhalten versteht. Es ist eine völlige Neuausrichtung.
Der 7. Oktober markiert eine Zeitenwende
Die "israelische Katastrophe" vom 7. Oktober 2023 wird auch als Wendepunkt in Israels Außenbeziehungen in Erinnerung bleiben. Dieser Tag markierte zugleich den Beginn einer neuen Ära der Türkei im Nahen Osten. Alle geopolitischen Entwicklungen in der Region änderten sich grundlegend und derart rasant, dass sogar das Abraham-Abkommen die Flitterwochen abrupt beendete. Bis vor wenigen Monaten, vor Kriegsbeginn, wehte im Nahen Osten ein Wind des Friedens und der Normalisierung. Dank des Erfolgs und der positiven Dynamik der Abraham-Abkommen gelang es Israel, seine historische Isolation in der Region zu durchbrechen. Alle gemäßigten Länder, die Wohlstand statt Zerstörung und Krieg anstrebten – allen voran die Vereinigten Arabischen Emirate und hinter den Kulissen auch Saudi-Arabien – unterstützten diese positive Entwicklung.
Die Auswirkungen der Aushandlung des Abraham-Abkommens auf die arabische Welt, hatte auch einen positiven Einfluss auf nicht-arabische Akteure. Dank der beispiellosen Machtdemonstration auf dem Negev-Gipfel (einer Konferenz Ende März 2022 mit hochrangigen Vertretern der Vereinigten Arabischen Emirate, Ägyptens, Bahrains und Marokkos, deren gemeinsamer Nenner mit Israel die Opposition gegen den Iran ist), verstand Recep Tayyip Erdoğan, dass das Abraham-Abkommen auch nach Donald Trumps Ausscheiden aus dem Weißen Haus ihre Wirkung weiter entfalten würde. Vor diesem Hintergrund und mit dem Ziel, in die Delegation der Abraham-Abkommen aufgenommen zu werden, entschied sich Ankara für eine versöhnliche Außenpolitik und verinnerlichte die Tatsache, dass es sich mit Israel und den anderen Ländern des Nahen Ostens, mit denen es aneinandergeraten war, arrangieren musste. So normalisierte Erdoğan seine Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien, Israel und auch zu al-Sisi, der mit einem Putsch an die Macht über Ägypten kam.
Neben politischen Erwägungen war es auch der Bedarf der schwächelnden türkischen Wirtschaft an liquiden Mitteln, um den Verfall der türkischen Lira gegenüber dem Dollar zu verlangsamen – ein Bedarf, der Erdoğan zu diesem radikalen Wandel in der türkischen Politik veranlasste. Die Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen Israel und der Türkei vor dem Krieg kann nicht außerhalb dieses Kontextes interpretiert werden. Mit anderen Worten: Erdoğan wurde nicht zum Zionisten und Netanyahu gelang es nicht, die Beziehungen zur Türkei zu normalisieren – das gelang erst durch das Fortschreiten des Abraham-Abkommens.
Erdoğan hielt den Staat Israel als ein starkes Land
Vor dem 7. Oktober 2023 betrachtete Erdoğan den Staat Israel als ein starkes Land, umgeben von neuen Freundschaften in der arabischen Welt. Dank des inoffiziellen Bündnisses, das Israel während des Zweiten Berg-Karabach-Krieges 2020 mit Aserbaidschan schloss, begann Baku zudem als Brücke für die Beziehungen zu Ankara zu fungieren. Hier fungierte vor allem der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew als Brückenbauer. Während des Krieges im Kaukasus unterstützten sowohl die Türkei als auch Israel Aserbaidschan und beide Länder lieferten Baku Munition und Militärtechnologie für seinen Krieg gegen Armenien, den Verbündeten des Iran im Südkaukasus.
Vor diesem Hintergrund entwickelte sich eine positive Atmosphäre zwischen Jerusalem und Ankara. Im März 2022 lud Präsident Erdoğan den israelischen Präsidenten Isaac Herzog in seinen Palast in Ankara ein, und die beiden Länder verkündeten den Beginn einer neuen Ära in ihren Beziehungen. Die öffentliche Unterstützung beider Seiten führte zu engeren Beziehungen auf allen Ebenen. So lernten beispielsweise die Geheimdienste beider Länder, nach vielen Jahren wieder zusammenzuarbeiten, um einen versuchten iranischen Terroranschlag auf israelische Touristen auf türkischem Boden zu vereiteln – ein Schritt, der das Ansehen der Türkei in den Augen des israelischen Sicherheitsapparats stärkte. Gleichzeitig verbesserte Israel sein Image in den Augen der Türken dank der großzügigen humanitären Hilfe, die es der Türkei unmittelbar nach dem verheerenden Erdbeben vom 6. Februar 2024 zukommen ließ.
Der starke Staat entpuppt sich als unsicher und unkontrollierbar
Tatsächlich erschütterte der Angriff der Hamas auf Israel und das Versagen des Schutzmechanismus rund um den Gazastreifen das Bild des „starken Israel“ in Ankara. Nach einem Tag völliger Stille forderte Präsident Erdoğan bereits am nächsten Tag beide Seiten zur Zurückhaltung und Gewaltverzicht auf. Israel reagierte jedoch mit der gesamten militärischen Macht, die bis in die Bodenmanöver hineinreichten.
Es versteht sich von selbst, dass es für Erdoğan viel schwieriger wurde, gute Beziehungen zu Israel aufrechtzuerhalten, als die ersten verstörenden Bilder aus Gaza die ganze Welt in den Bann zogen. Neben der ungehemmten Gewalt in Gaza erschwerte auch die türkische Opposition Erdoğan den weiteren Versuch, mit beschwichtigenden Aufrufen, Israel zur Räson zu bringen und damit die Beziehungen aufrecht zu erhalten. Die Opposition vertrat von Beginn des Krieges in Gaza an eine klare Pro-Hamas-Position einzunehmen, während Erdoğan selbst eine etwas versöhnlichere Haltung gegenüber Israel signalisierte. Mit anderen Worten: Bis Erdoğan seine Haltung gegenüber Israel grundlegend änderte, blieb Erdoğan groteskerweise der „pro-israelischste Politiker“ im politischen Spektrum der Türkei. Derart, dass sogar die konservativ-religiösen Kleinstparteien damit punkten konnten.
„Als Muslim bin ich beunruhigt über Israels Angriffe auf Moscheen und Kirchen. Sind Sie als Christ nicht beunruhigt über die Angriffe auf Kirchen?“
Beim Besuch des Präsident Erdoğan in Berlin in seiner Antwort zu einem deutschen Reporter im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz, Ende Oktober 2023
Für Erdoğan war Mitte/Ende Oktober 2023 der letzte israelische Raketenangriff auf das älteste Krankenhaus von Gaza-City, dem al-Ahli-al-Arabi-Krankenhaus, der Höhepunkt und damit der Grund des strategischen Umdenkens. In diesem Zeitraum berichteten türkische Medien unter Hinzuziehung der zuvor getätigten Angriffe über die "Barbarei", weshalb die türkische Öffentlichkeit den Geschehnissen nicht gleichgültig gegenüberstand. Alle führenden Fernsehsender beschuldigten Israel, Kriegsverbrechen begangen zu haben. In diesem Kontext, parallel zu den großen Demonstrationen in Ankara und Istanbul, wuchs die Ohnmacht und der Wut auf den Staat Israel. In den sozialen Medien waren die Reaktionen noch extremer.
Erdoğans schwerer Stand gegenüber der türkischen Gesellschaft
Die Wut auf den türkischen Straßen ließ Erdoğan keine andere Wahl, als den eigenen festen Standpunkt zu revidieren. Sein Pragmatismus wich der Solidarität. Mit anderen Worten: Der pragmatische Erdoğan war verschwunden, stattdessen trat ein Erdoğan auf, der tief von einer osmanischen Ideologie geprägt, die Türkei als großer Bruder aller „unterdrückten“ muslimischen Völker darstellt. Am 25. Oktober nannte Erdoğan in einer Rede vor dem türkischen Nationalparlament die Hamas als „eine Organisation von Freiheitskämpfern, die ihr Land von der Besatzung befreien wollen.“
Das war jedoch nicht das Ende der Fahnenstange. Erdoğan beharrte auf seiner Haltung und verschärfte sie am 28. Oktober bei einer von ihm organisierten Kundgebung für den palästinensischen Kampf gegen Israel noch weiter. Auch in dieser Rede, ließ Erdoğan nicht locker und bekundete erneut öffentlich seine volle Unterstützung für die Hamas. Das allgemeine Bild des Staates Israel ist im Land zweifelslos negativ. Infolgedessen sieht man von Istanbul bis Ankara und in verschiedenen anderen Großstädten die Auswirkungen der Ohnmacht und Wut der Bevölkerung; Geschäfte mit Schildern mit der Aufschrift „Juden ist der Zutritt strengstens verboten“ oder Taxis mit Schildern mit der Aufschrift „Israelischen Fahrgäste werden nicht befördert.“ Ein weiteres Phänomen ist die Schändung der israelischen Flagge im öffentlichen Raum, die so gar nicht in die türkische Werte- und Kulturnorm passt. Neben dieser eindeutig antiisraelischen Haltung gibt es auch öffentliche Sympathiebekundungen für den palästinensischen Kampf. Viele Türken haben im öffentlichen Raum PLO-Flaggen und riesige Bilder des Hamas-Sprechers Abu Obaida aufgehängt.
Türkisch-israelische Beziehungen auf Jahrzehnte gestört
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der 7. Oktober 2023 nicht nur die fragile Normalisierung zwischen Israel und der Türkei beendete, sondern auch die in der türkischen Gesellschaft vorherrschende Meinung stärkte, der Zionismus verfolge weiterhin das Ziel, in Palästina und darüber hinaus einen jüdischen Staat mit möglichst viel Land, möglichst vielen Juden und möglichst wenigen Palästinensern und Arabern zu errichten. Der zionistische Anspruch auf Palästina baue demnach auf der Vorstellung auf, dass das historische Recht der Juden auf das Land, dass der Araber überwiege, was das israelische Regierungskabinett des Öfteren selbst vollmundig und öffentlich betont hatte. Die breite Öffentlichkeit in der Türkei versteht vor allem deshalb die israelische Regierung als Übeltäter der Ära nach dem 7. Oktober 2023. Trotz vereinzelter Unterstützungsbekundungen für Israel, sei es in den sozialen Medien oder vereinzelt auf türkischen Straßen, ist das Bild des israelischen Staates noch nie so negativ gewesen, wie gegenwärtig. Daher dürfte es noch schwieriger werden, die Beziehungen wiederherzustellen und sie in den Zustand vor dem 7. Oktober zurückzuführen.