Benjamin Netanjahu ist in der Welt und vor allem in der Region kein unbeschriebenes Blatt, wenn es um die Stärkung rechtsextremer Kräfte in Israel und der expansiven Siedlungspolitik auf Kosten der Palästinenser geht. Aus der türkischen Perspektive betrachtet, werden heikle Wochen und Monate erwartet, während Deutschland sich wieder im Eiertanz üben wird.
Bereits zwischen Weihnachten und Neujahr legten illegale jüdische Siedler den nächsten Grundstein, um die Besatzungspolitik der neuen Regierung unter Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu voranzutreiben. Palästinenser wurden angegriffen und daran gehindert, auf ihrem Land in Masafer Yatta südlich von Hebron in der südlichen besetzten Westbank zu arbeiten.
Heute berichten israelische Medien und Menschenrechtsaktivisten, dass die israelische Armee mit Bulldozern das Land von Palästinensern schlussendlich plattgewalzt hat. Wo die Bulldozer sich durch die Olivenhaine quälen, da wächst kein Grashalm mehr nach, werden Siedlungen entstehen und Palästinenser zwangsvertrieben.
Die türkische Regierung unter Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan befürchtet nun, einen erst beigelegten Streit erneut aufzugreifen. Die Fehde zwischen Netanjahu und Erdoğan war lang und intensiv. Erst nach dem Netanjahu abgewählt wurde, konnte der daraus gewachsene immenser Schaden erst nach Jahren halbwegs beseitigt werden. Erst jüngst haben die Türkei und Israel ihre Vertretungen wieder in Betrieb genommen. Die israelische Botschafterin nahm in Ankara kürzlich ihren Dienst auf, und umgekehrt.
Es ist zu befürchten, dass Netanjahu die mühselig aufgebauten diplomatischen Beziehungen mit Bulldozern weiterhin durchkreuzen wird. Erdoğan wird keine andere Wahl haben und nicht anders können, als bis zu den Wahlen bei der gewollten Eskalation mitzumachen und die Besatzungspolitik Israels weltweit auf den Tagesordnungspunkt zu setzen.
Und wie wird Europa, wie wird Deutschland reagieren? In den nächsten Wochen und Monaten, in der die Netanjahu-Regierung ihre Siedlungspolitik unvermindert und mit Gewalt fortsetzen wird, bleibt der deutschen Ampelregierung nichts anderes übrig, als in unterwürfiger Solidarität mit Israel einen Eiertanz zwischen Floskeln wie „Menschenrechte sind universell“ und „Sicherheit“ aufzuführen. Die Deutschen und Franzosen, die die Zügel Europas in der Hand halten, sind auch die Apologeten, die wie seit Jahrzehnten Täter-Opfer-Umkehr betreiben, um den israelischen Expansionismus unter dem Vorwand der Selbstverteidigung zu legitimieren.
Vor allem Außenministerin-Darstellerin Annalena Baerbock (Grünen), die großkotzig angekündigt hatte, Menschenrechte stärker ins Zentrum der deutschen Außenpolitik zu stellen, wird einen Spagat zwischen Menschenrechtsverletzungen im Iran, in der Ukraine oder in China mit der in Israel hinlegen müssen. Währenddessen wird die israelische Regierung demonstrativ ihren Hintern mit dem Völkerrecht abputzen.
Fazit: Erdogan wird im Nahen Osten wie auch in Bezug zu den bevorstehenden Wahlen mit Sicherheit mit seinen „One-Minute“-Einlagen in der Beliebtheitsskala weitere Punkte einfahren, während Völkerrechtlerin Baerbock, mit dem Ampel-Kabinett im Rücken und nach dem Debakel während der WM in Katar den guten Ruf Deutschlands vollends an die Wand fahren wird. Und es wird diese israelische Regierung sein, die diese schonungslose Verlogenheit des Berliner Blocks, Brüssels und seiner medialen Steigbügelhalter bloßstellen wird.