Patriarch von Jerusalem erinnert Erdoğan an den Pakt

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Der griechisch-orthodoxe Patriarch von Jerusalem, Theophilus III. war dieser Tage zu Gast beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Ankara. Mit dabei im Gepäck: eine Replik des Paktes von Omar.

Am vergangenen Samstag besuchte der griechisch-orthodoxe Patriarch von Jerusalem, Theophilos Giannopoulos, genannt Theophilus III., den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Ankara.

Beim Treffen überreichte Theophilus III. dem türkischen Präsidenten Erdoğan eine gerahmte Nachbildung eines Bundes, den Kalifen Omar nach der muslimischen Eroberung Jerusalems im Jahr 638 an die Christen und Juden ausgegeben hatte.

Das Geschenk, das Theophilus III. an Erdoğan überreichte, ist in vielerlei Hinsicht interessant. Es ist nicht nur interessant, weil es eine Replik des Schutz- und Toleranzedikts ist, die vom Kalifen Omar aus dem Jahre 638 stammt und mit dem die Rechte der griechisch-orthodoxen Kirche in Jerusalem sowie der jüdischen Gemeinschaft garantiert wurden. Es ist auch der gewählte Zeitpunkt, mit dem Theophilus III. seine Aufwartung macht - angesichts der Konflikte und Krisen im Nahen Osten, insbesondere in Zusammenhang mit Gaza und der völkerrechtlich geteilten Stadt Jerusalem, in der die griechisch-orthodoxe Kirche gleichermaßen beheimatet ist.

Theophilus III. und Erdoğan hoben in ihren Statements insbesondere das christlich-islamische Erbe Jerusalems hervor. Ein mehr oder minder eindeutige Botschaft, die Erdoğan wenige Tage später wortgewaltig zusammen fasste. Eine Reaktion auf die Äußerungen des israelischen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, der am 15. September in Bezug auf ihn die israelische Souveränität über Jerusalem mit „unsere ewige Stadt“ bezeichnete:

„Wir hatten die Ehre, dem Heiligen Jerusalem 400 Jahre lang zu dienen.

Über Jahrhunderte hinweg haben wir Jerusalem mit Weisheit und Toleranz zu einem Land des Friedens und der Ruhe gemacht.

Netanjahu weiß das nicht.“

Recep Tayyip Erdoğan, 17.09.2025

Was ist aber der Pakt von Omar? Kurz gesagt: Mit der Belagerung von Jerusalem als Teil eines 637 stattfindenden Konflikts um das oströmische Jerusalem, begann eine Armee des syrischen Kalifats (Raschidun-Armee) unter dem Kommando des Abu Ubaidah Jerusalem im November 636 zu belagern. Nach sechs Monaten übergab der christlich-orthodoxe Patriarch Sophronius von Jerusalem die Stadt freiwillig unter der Bedingung, sie nur dem Kalifen persönlich zu übergeben. Im April 637 reiste Kalif Omar nach Jerusalem, um die Unterwerfung der Stadt anzunehmen.

Zuvor, im Jahr 613, hatte der jüdische Aufstand gegen das Oströmische Reich in der Eroberung Jerusalems durch das Sassanidenreich im Jahr 614 gegipfelt, worauf die Juden zeitweise einen hohen Grad an Autonomie erhalten hatten. Nach dem Rückzug der Perser war es 630 zum Massaker an den Juden durch die Oströmer gekommen. 15 Jahre jüdischer Autonomie waren beendet gewesen.

Nach der muslimischen Eroberung Jerusalems wurde den Juden wieder ein höheres Maß an Selbstbestimmung zugestanden, nur 8 Jahre nach dem christlichen Massaker und 500 Jahre nach ihrer Vertreibung aus Judäa durch das Römische Reich. Dies gab auch den Anstoß zum Pakt von Omar von 638, der die Rechte und Pflichten der Christen und Juden unter islamischer Herrschaft beschreibt und ihnen den Status als Dhimmis (Schutzbefohlene) zuweist.