Prozesse gegen IS-Mitglieder, aber was ist mit der PKK?

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Deutsche Gerichte verurteilen Syrien-Rückkehrer zu langen Haftstrafen, weil ihnen Kriegsverbrechen im Namen der IS nachgewiesen werden. Aber was ist mit den Syrien- oder Irak-Rückkehrern, die im Namen der PKK Verbrechen begangen haben?

IS-Rückkehrer werden am laufen Band verurteilt

In Stuttgart wird im Juli 2019 eine 32-jährige wegen Mitgliedschaft in der Terrororganisation "Islamischer Staat" zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, weil sie für die IS propagiert hatte. Juli 2021 wird eine Frau aus Essen zu vier Jahren Haft verurteilt, weil sie als IS-Terroristin sich unrechtmäßig Wohneigentum angeeignet hatte. Im August 2022 hatte der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die Revision eines Angeklagten abgewiesen, dem Mitgliedschaft und Mord im Namen der IS in Syrien vorgeworfen wurde. 

Nationale Gerichte sind verpflichtet, Verbrechen zu ahnden

Nationale Gerichte setzen ihre Befugnisse durch, um in Verbrechen zu ermitteln, bei der die Verdächtigen Staatsangehörige dieses Landes sind und des Verbrechens beschuldigt werden. Allerdings können nationale Gerichte bei bestimmten, klar definierten Verbrechen auch dann tätig werden, wenn es keinen direkten Bezug zum Land gibt. Darunter fallen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter oder Völkermord, die im Ausland begangen wurden.

Das heißt, auch Verbrechen, wenn sie im Ausland verübt wurden und sowohl die Täter als auch die Opfer Ausländer sind, können nationale Gerichte diese Verbrechen untersuchen und Strafverfahren einleiten, weil sie so schwer wiegen, dass es im Interesse der Menschheit insgesamt ist, dass sie geahndet werden.

Weltrechtsprinzip

Nationale Gerichte sind sogar angehalten, das Weltrechtsprinzip anzuwenden; ob bei Kriegsverbrechen, die in einem internationalen, bewaffneten Konflikt verübt wurden (Genfer Konventionen aus dem Jahr 1949), beim Verbrechen der Apartheid (Anti-Apartheid-Konvention aus dem Jahr 1973), bei Folter (Antifolterkonvention aus dem Jahr 1984) oder bei erzwungenem „Verschwindenlassen“ (Konvention gegen Verschwindenlassen aus dem Jahr 2006). Deutschland hat diesen internationalen Vertrag ebenfalls ratifiziert, weshalb es Rückkehrer aus Syrien oder dem Irak unter die Lupe nimmt und bei Anfangsverdacht auch ermittelt.

Bei der PKK sind nationale Ermittler und Gerichte inaktiv

Aber weshalb werden in der Europäischen Union keine nationalen Gerichte aktiv, wenn es um Rückkehrer von Mitgliedern der Terrororganisation PKK aus Syrien oder dem Irak geht? Die PKK ist in der Europäischen Union genauso wie die IS als Terrororganisation gelistet. Hierzu zählen auch die Schwesterorganisationen der PKK, u. a. der bewaffnete syrische Arm YPG oder der politische Arm PYD.

Es gibt bis heute keine einzige Ermittlung der Staatsanwaltschaften oder der Generalbundesanwaltschaft, bei der ein Syrien- oder Irak-Rückkehrer sich "Kampfeinheiten der PKK" angeschlossen hatte.

Verfassungsschutz: rund 150 PKK-Rückkehrer

Laut dem Verfassungsschutzbericht des Bundes von 2021, begaben sich seit Juni 2013 rund 295 Personen aus Deutschland in sogenannte "kurdische Siedlungsgebiete", um sich dort unter anderem "Kampfeinheiten der PKK" anzuschließen. Davon kamen nach Informationen des Verfassungsschutzes mehr als 30 Personen dort ums Leben, während etwa 150 Personen wieder nach Deutschland zurückkehrten.

PKK wird als Terrororganisation anerkannt

Derselbe Verfassungsschutz erklärt selbst, dass der Bundesminister des Innern am 22. November 1993 für die PKK ein Betätigungsverbot im Bundesgebiet erließ. Von der Europäischen Union ist die PKK seit dem Jahr 2002 als Terrororganisation gelistet.

HRW und AI werfen PKK seit Jahren schwere Kriegsverbrechen vor

International agierende Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch (HRW) oder Amnesty International (AI) werfen der PKK seit Jahren vor, in Syrien wie auch im Irak Kriegsverbrechen zu begehen oder Kindersoldaten einzusetzen. 

Hiesige Ermittlungsbehörden und Gerichte scheinen hierbei geflissentlich wegzuschauen.