Juden rufen gegen "Zionismus" auf

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"Auweh, Netanjahu!" [Oy, Netanjahu!] kommentiert ein bekannter jüdischer User auf X (ehemals Twitter) ein Straßenschild, auf dem "The Hague" steht. Den Haag steht sinnbildlich für den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). Immer mehr Juden in Israel wie im Ausland fordern, dass der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu aufgrund der Kriegsverbrechen im Gazastreifen gegen Palästinenser zur Verantwortung gezogen wird.

In einer Zeit, in der die israelische Regierung über 12.000 Palästinenser in Gaza und im Westjordanland vernichtet hat, Tausende weitere vermisst werden und Millionen ihr Hab und Gut verloren sowie aus ihren angestammten Gebieten vertrieben wurden, werden immer öfter Rufe nach Gerechtigkeit laut. International steht Israel bereits in Verruf, Kriegsverbrechen, ja sogar einen Völkermord zu begehen, während Solidaritätsbekundungen vereinzelter europäischer Staaten und den USA das desaströse Ergebnis des "Selbstverteidigungsrechts" noch wacker aufrecht zu erhalten versuchen.

Zuletzt hatte die in Deutschland lebende US-amerikanische jüdische Aktivistin und Enkelin einer Holocaustüberlebenden, Rachael Shapiro, in einer Reihe von Videos Deutschland vorgeworfen, eine verlogene Debatte im sogenannten Kampf gegen den Antisemitismus zu führen, berichtet Nex24. Die Instrumentalisierung jüdischer Identität zur Legitimation des "Genozids in Gaza" müsse ein Ende finden, so Rachael Shapiro von der „Jüdische Stimme“. Die Cousins ihrer Holocaustüberlebenden Großmutter seien Widerstandskämpfer im 2. Weltkrieg gewesen. Aus diesem Grund sei Shapiro mit dem Verständnis aufgewachsen, dass Widerstand gegen jeden Unterdrücker ein Menschenrecht sei.

International steht Israel seit langem in Kritik. Südafrika, das Land am Kap, reiht sich ebenfalls in eine Handvoll Staaten ein, die stärkeren diplomatischen Druck auf Israel ausüben, darunter Staaten wie die Türkei, aber auch Chile, Honduras, Belgien und Spanien. Zuletzt hatten der belgische Premier Alexander de Croo sowie der spanische Amtskollege Pedro Sánchez von Israel gefordert, sich für Frieden einzusetzen statt auf Waffengang zu setzen. „Es liegt im Interesse Israels, sich für den Frieden einzusetzen, und Frieden bedeutet heute die Errichtung eines lebensfähigen palästinensischen Staates, der das Westjordanland, den Gazastreifen und Ostjerusalem umfasst, gemäß den UN-Resolutionen“, sagte etwa Pedro Sánchez. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte Netanjahu zuletzt bei einer Rede in der Türkei als jenen bezeichnet, der in die Geschichte als "Schlächter von Gaza" eingehen werde.

Zwar versucht Netanjahu die internationale Kritik im Keim zu ersticken; so zog er etwa die Botschafter Spaniens und Südafrikas zurück. Doch auch im Land selbst wird Kritik immer deutlicher und vehementer. Ausgerechnet Bürger Israels wollen eine neue große "antizionistische" Gesamtorganisation gründen, unter der sich alle, von jung bis alt, vom Verein bis Institution, vereinen und eine geballte Stimme gegen die israelische Regierung werden. So soll eine Organisation entstehen, die gegen den "kolonialen Völkermord der zionistischen Siedler" vorgeht und ihren politischen Kampf fortsetzt, bis "Palästina vom Fluss bis zum Meer frei ist", heißt es in dem Aufruf auf einem Internetportal.

Juden in aller Welt müssten unbedingt vermitteln, dass sich Zionismus und Judentum unterscheiden, es sich im Konflikt in Gaza um einen "Völkermord" handle, der im Namen aller Juden aktiv begangen werde. Auch das gesamte "zionistische Siedler-Kolonialprojekt" werde im Namen der Juden begangen, so im Aufruf.

Das "Good Shepherd Collective" und der jüdische Autor Em Cohen veröffentlichten kürzlich einen Leitfaden für jüdische antizionistische Verbündete wie Normen Finkelstein, Prof. Dr. Sabine Broeck oder der "Jews Against White Supremacy" (JAWS), in der sie ausdrücklich betonen, dass die internationale Infrastruktur des "Zionismus" von „vielen jüdischen kommunalen Organisationen und Institutionen“ gefördert werde. Von Organisationen, die Propagandareisen veranstalten oder zionistische Siedlungen direkt finanzieren, bis hin zu Organisationen, die zionistische Propaganda verbreiten, gebe es viele jüdische Organisationen, die den "Zionismus" strukturell unterstützen würden. Dies sei eine Form des direkten "zionistischen Schadens, der um uns herum existiert und gegen den antizionistische Juden kämpfen können und sollten.“

Seit Jahrzehnten fordern Palästinenser, dass sich Juden zur Bekämpfung des "Zionismus" in ihren eigenen Gemeinden organisieren, wobei die jüdische Linke im Knesset sich dies nicht zu einer Priorität gemacht hätte. Dies werde besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass die jüdische Linke in der Gegenwart völlig daran gescheitert sei, sich mit dem palästinensischen Volk solidarisch zu zeigen.

Laut dem Aufruf hätten alle Juden bis zum 7. Oktober nicht gehandelt und auch danach sei man aufgrund der israelischen Trauer über die Opfer nicht dazu übergegangen, die Verbrechen der israelischen Regierung in den Mittelpunkt zu rücken. Die systematische Entmenschlichung der Palästinenser werde seit über 75 Jahren unvermindert fortgesetzt und habe einen neuen Höhepunkt erreicht.
 

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