Burak Copur - Weltherrschaft, was sonst?

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Es gab in Deutschland einen Klassiker von Verschwörungsideologie der immer verfing, der offenbar immer noch zieht: "Sie" wollen die Herrschaft an sich reißen; "Sie" sind an allem Schuld. Einst wurden Juden für alles verantwortlich gemacht. Heute steht ein fiktives Kollektiv von türkisch-muslimischen Gemeinden sinnbildlich für Verbrechen, Unheil und Weltherrschaftsallüren.

Was bisher geschah:

Im schweizerischen Rümlang wurde in einem Briefkasten der Türkischen Gemeinschaft Schweiz ein verdächtiger Gegenstand entdeckt, was einen Großeinsatz von Rettungskräften und des Bombenräumkommandos zur Folge hatte. Der Gegenstand konnte zwar sicher geborgen werden, aber medial wurde es nirgends breitgetreten, als dieser eine Textblock selbst lang ist.

Während die schweizerischen Behörden im Dunklen tappten und die Medien sich unerwartet in Zurückhaltung übten, meldete sich die apoistische völkisch-kurdische Jugendguerilla zurück und übernahm die volle Verantwortung für die Sprengung der "Briefkästen". Dabei faselte man etwas von "zwei Stützen des türkischen Faschismus", derer man mit Gewalt Einhalt gebieten müsste.

Vor mehr als drei Jahren befand der Profi-Fußballer Deniz Naki, dass er vor dem türkischen "Faschismus" nicht einmal mehr in Deutschland sicher sei, weshalb er prompt auf der Autobahn beschossen wurde - von wem, dass ist bis heute nicht geklärt.

Nun, gegenwärtig müssten sich die "Grauen Wölfe" sowie der türkische Geheimdienst richtig ins Zeug legen, um Deniz Naki klammheimlich aus der deutschen Untersuchungshaft zu befreien und in die Türkei zu überführen, wo er als "Kurde" weiter verfolgt werden kann.

Nun verfolgt aber das Landgericht Aachen die Sache zwischen Deniz Naki und den kurdischen Pampersrockern "Bahoz", statt die Staatsschutzkammer Köln, die grundsätzlich politische Verschwörungen ahndet. Naki kann nun nicht mehr ein Drama um politische Verfolgung spinnen und seine Fangemeinde ist seither stumm wie Stroh.

Was jetzt passiert:

Der türkische Staatspräsident lädt wie jedes Jahr zum traditionellen Essenfassen. Diesmal ist es wieder Recep Tayyip Erdoğan, der zum Iftar Prominente, Sportler, Generäle, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, und ja, auch Deutschtürken einlädt, um im Ramadan gemeinsam das Fasten zu brechen.

Auch diesmal waren "Türken" aus Deutschland eingeladen; die Damen und Herren der größten deutsch-türkischen Religionsgemeinschaften, DITIB, Atib, Millî Görüş etc.

Während also diese Religions- und Kulturgemeinschaften in Deutschland interkulturellen Dialog vorgaukeln, schmieden die Protagonisten zusammen mit Erdogan - und zwar immer jedes Jahr zum Iftar - "hinter verschlossenen Türen" Pläne, um die Herrschaft über Deutschland an sich zu reißen, so der Grundtenor in diesen Tagen in Deutschland.

Wer diese Verschwörung zuerst aufgedeckt hat, ob nun der "Experte" Burak Çopur, Lennart Pfahler von der WELT oder der um "interreligiösen Dialog" bemühte Alhambra-Absolvent Eren Güvercin, ist doch wirklich nebensächlich. Entscheidend ist, dass diese Verschwörungstheorien bei den Linken bis zu den PI-News verfangen.

Und wenn etwas verfängt und wenn man daran feste glaubt, glauben will, wie z.B., dass die Bundesregierung oder die Landesregierungen offensichtlich nichts gegen diese "Islamisten", "Faschisten" oder "Genozidleugner" in der Funktion einer fünften Kolonne unternehmen, dann kommt die Ohnmacht hoch. Wird anschaulich in den sozialen Netzwerken vorgelebt, vor allem unter den Tweets von diesen aussichtsreichen Politkandidaten und Haustürken.

Das Problem ist nur, dass diese vermeintliche Ohnmacht irgendwann zu Frust, dann zu Aggression und schlussendlich zu Opfern und Leid führt.

Das erkennt man gegenwärtig in Rümelang an Briefkästen, an den Moscheen in Europa, die auch heute wieder mit politischen Slogans besprüht oder angegriffen wurden oder an den umgestoßenen Grabsteinen in einem muslimischen Friedhof mitten in Europa. Salopp gesagt an den unhaltbaren Vorwürfen gegenüber einem fiktiven Kollektiv, dem fiktive Kriminalität unterstellt wird.

Ich wüsste jedenfalls nicht, dass die "Grauen Wölfe" im gleichen Zeitraum in Europa oder Deutschland jüdische Friedhöfe geschändet, kurdische Einrichtungen, alevitische Kultur- und Gebetsstätten angegriffen, deren Briefkästen in die Luft gesprengt oder Persönlichkeiten wie Deniz Naki attackiert hätten.

Ich meine, welche "Grauen Wölfe" wurden denn nun in den letzten Jahren strafrechtlich belangt, weil sie politisch-motivierte Taten begangen haben und wie viele Sympathisanten und Führungsleute der völkisch-kurdischen PKK, der Antifa bzw. der rechten Szene denn bislang allein in Deutschland verurteilt, weil sie eben das getan haben, was man ihnen vorwarf?

Offenbar greift der deutsche Rechtsstaat durch, was die unzähligen und jüngsten Verurteilungen von völkischen Kurden mit türkischer oder deutscher Staatsbürgerschaft, deutschen Antifa-Mitgliedern oder deutschen rechten Gesocks widerspiegeln. Aber verurteilte "Faschisten", "Graue Wölfe" oder "Genozidleugner" sucht man auch in diesen Tagen vergeblich.

Sprich, obwohl es auf der einen Seite Verurteilungen zuhauf gibt, auf der anderen Seite eine fiktive Gefahr heraufbeschworen, aber sich bislang nicht bewahrheitet hat, scheinen die Verschwörungstheoretiker immer noch die Deutungshoheit zu besitzen und als "Experten" durchzugehen. Die Medien fressen diese Geschichten um die Weltherrschaft, Gewalt, Unterdrückung oder Unterwanderung regelrecht auf, die Erdogan jedes Jahr hinter verschlossenen Türen zu pflegen scheint.