Gaza - Deutschland und die innere wie äußere Zäsur

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Der ununterbrochene Strom schrecklicher Nachrichten aus dem Gazastreifen berührt viele in Deutschland, vor allem Migranten, die in zwei Welten bewandert sind. In deutschen Städten begehren sie gegen die Kriegsverbrechen in Gaza auf und ernten dabei in sozialen Medien sowie Zeitungen einen nie dagewesenen Shitstorm.

Der Großteil will daher die Klappe nicht aufreißen, weil sie Nachteile fürchten. Das ist angesichts der organisierten Blockwarts nicht unbegründet. Profisportlern wird die rote Karte gezeigt, Journalisten müssen ihren Schreibtisch räumen, im Rampenlicht stehende Persönlichkeiten werden angefeindet und des Antisemitismus bezichtigt. Sie landen allesamt in schwarzen Listen. 

Und wieso? Weil sie für Zivilisten aufstehen, die von der israelischen Armee seit knapp einem Monat mit unverhältnismäßigen Mitteln angegriffen und getötet werden. Weil angesichts der Gewaltexzesse der IDF, israelische Siedler in Westjordanland mit Gewalt Palästinenser aus ihren angestammten Gebieten vertreiben.

Für den Shitstorm sind Blockwarts, also "Treppenterrier" zuständig. Sie sind nicht nur für die Propaganda der israelischen Regierung zuständig, sie überwachen auch die Menschen in ihrer Community: Halten sich die Menschen an die christlich-jüdische Wertegemeinschaft? Solidarisieren sie sich mit der israelischen Regierung? Teilen sie die deutsche "Staatsräson"? Haben sie schon eine Mahnwache für die Opfer der Hamas abgehalten? Besitzen sie eine israelische Fahne und recken es auch in die Luft? Wer ist "Hamas-Freund" oder äußert sich gar regierungskritisch?

Zwischen dem Nazijargon "Rassenschande" und "Werteschande" liegen gerade einmal 78 Jahre

Am liebsten nahm man Migranten und Deutsche mit Migrationshintergrund gar nicht erst wahr. Und wenn gegenwärtig doch, stellt man sie auf einen Sockel und zeigt mit dem erhabenen Finger auf sie. Kann Migration auch mal nur ein neutrales Merkmal sein? Offensichtlich nicht! Vom Bekenntnis zu "Israel" bis Bekenntnis zum "Existenzrecht Israels" ist alles vertreten, was man von einem Migranten während der Bombardierung oder Vertreibung von palästinensischen Zivilisten fordert.

Die Erwartungshaltung wurde also hochgeschraubt, der Gleichheitsgrundsatz, wonach die Perspektiven aller Menschen – unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung und Identität, Hautfarbe, Religion, mit oder ohne Behinderung, berücksichtigt werden, gilt nicht mehr. Jedes einzelne Individuum, dass sich gegen die Gewalt in Gaza erhebt, wird einem ganz bestimmten, selbstdefinierten Kollektiv zugerechnet und kritisch zur Schau gestellt.

Denn, die "Treppenterrier" echauffieren sich darüber, dass sie nicht von jedem eine Carte Blanche für den Völkermord in Palästina bekommen, erklären in ihrer Schnappatmung, dass man doch bitte die Koffer packen oder sich zum Thema gänzlich enthalten sollte. Und um diese "Treppenterrier" darin zu bestärken, was sie tun, werden Forderungen in der Politik laut, die an dunkelste Zeiten erinnern.

Deutschland im internationalen Dilemma

Deutschland, das zuhause Israels Sicherheit zur Staatsräson erklärt hatte, musste bei der UN-Generalversammlung jedoch einen Gang zurückschalten und enthielt sich einer überaus wichtigen Stimme. Das ist auch angesichts der 193 Mitgliedsstaaten, von denen 121 für die Resolution stimmten, um eine Waffenruhe in Gaza einzufordern, nicht verwunderlich. Deutschland musste sich eine Hintertür offen lassen, um sich nicht vollendts in der Weltgemeinschaft zu isolieren. Man will ja noch mitreden und Länder bei anderen Fragen der Welt für sich gewinnen.

Was Israel und seine "Partner" aber in den kommenden Wochen, Monaten ja Jahren erwarten, ist der nachhaltige Vorwurf des fortwährenden Kolonialgedankens. Sie lebt und wird in Palästina, aber auch in Deutschland immer deutlicher. Vor allem in Deutschland wird das Ausmaß der massiven Anfeindung zu Entfremdung und sozialer Desintegration in migrantischen Communities, in Kombination mit gravierendem Misstrauen gegenüber der Medienlandschaft, die als einseitig und manipulativ erachtet wird, zu einer politischen Zäsur führen. 

Deutschland verliere ganze Generationen

Deutschland verliert gerade ganze Generationen und es scheint absolut niemanden zu geben, der dem Einhalt gebietet. Was aktuell an Explosivität geschaffen wird, kann nicht mit Integrations - oder Präventionsprojekten und mit repressiven Maßnahmen aufgefangen werden. Es ist übrigens vollkommen irrelevant, wie man das wissenschaftlich oder politisch bewertet und welche "empirischen" Belege es wofür gibt. Was zählt ist das, was bei den Menschen bislang angekommen ist. Und die ist für Deutschland vernichtend!

Den medialen Krieg hat Deutschland und Israel verloren. Ihre Propaganda verpuffte nicht nur an 121 Ländern. Die Nordhalbkugel ohne den eurasischen Kontinent wird als einheitlicher Block von Heuchlern und Doppelmoralisten betrachtet, deren Werte nur solange greifen, wie es für die eigenen Interessen dienlich ist. Was damit bei den Menschen ankam ist, dass das muslimische Leben nichts wert ist, Menschenrechte, Versammlungs- und Meinungsfreiheit nicht universell gelten sobald Kritik an Israel oder der israelischen Regierung geübt wird.
 

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