Das libysche Parlament strebt nächste Woche eine einstimmige Ratifizierung des Seeabkommens zwischen Libyen und der Türkei aus dem Jahr 2019 an, erklärte ein libyscher Abgeordneter gegenüber dem "The Libya Observer".
„Das Abkommen könnte diese Woche in einer offiziellen Sitzung darüber abgestimmt und ratifiziert werden“, heißt in dem Kurzbericht der "The Libya Oberserver" weiter.
Libyen und die Türkei unterzeichneten erst am vergangenen Mittwoch eine Absichtserklärung über eine Offshore- Öl- und Gasexploration in libyschen Gewässern. Das Abkommen fällt in eine Zeit, in der nun neben der Türkei auch zwischen Libyen und Griechenland ein Streit um Seerechte entbrannt ist.
The Libyan House of Representatives is moving toward unanimous ratification of the 2009 #Libya-#Turkey Maritime Agreement, a lawmaker speaking on the condition of anonymity reveals.
The deal could be passed and voted on during a formal session this week, he adds. pic.twitter.com/RckBTqH8TE— The Libya Observer (@Lyobserver) June 29, 2025
Libyen ist wie die Türkei kein Unterzeichnerstaat des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ). Das bedeutet, dass Libyen oder die Türkei rechtlich nicht an die Bestimmungen des SRÜ gebunden sind, sondern sich lediglich den Genfer Seerechtskonventionen der Vereinten Nationen von 1958 untergeordnet haben.
Das Seeabkommen zwischen der Türkei und Libyen aus dem Jahr 2019, dass die Festlegung der Seegrenzen zum Ziel hat, wird in der EU abgestritten. Kritiker, darunter Griechenland und Zypern, argumentieren, dass es gegen das SRÜ verstößt, indem es ihre Seerechte ignoriert, während die Türkei behauptet, ihre Souveränitätsrechte auf Grundlage der Prinzipien des Festlandsockels nach der Genfer Seerechtskonvention zu schützen. Die Rechtsgültigkeit des einen oder anderen Abkommens bleibt daher umstritten, und bis Juni 2025 gab es keine Verhandlungen zu einer einvernehmlichen Lösung.
Die diplomatischen Spannungen im östlichen Mittelmeerraum haben daher erneut zugenommen. Libyen und die Türkei stehen auf der einen, die Europäische Union mit Zypern und Griechenland auf der anderen Seite. Im Mittelpunkt des Streits steht vor allem das 2019 zwischen Tripolis und Ankara unterzeichnete Übereinkommen, dass die Souveränität und Rechte zur Rohstoffexploration in den Mittelpunkt rücken. Jüngste Äußerungen und Maßnahmen haben dieses komplexe und sensible Thema auch innerhalb der EU neu entfacht.
Das libysche Parlament wie auch die Regierung in Ankara hatten zuletzt die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 26. Juni 2025 zum libysch-türkischen Seeabkommen scharf zurückgewiesen. Beide Seiten betonten, dass die Legitimität, der von Libyen und der Türkei unterzeichnete internationale Abkommen ausschließlich in der Zuständigkeit der jeweiligen Verfassungsorgane liege, und verurteilten jegliche Versuche von außen, sich in die inneren Angelegenheiten oder in bilaterale Beziehungen einzumischen.
Der Sprecher des Außenministeriums, Öncü Keçeli, sagte in seiner ersten Reaktion auf die am Freitag veröffentlichten Schlussfolgerungen des EU-Rates, dass die Ergebnisse des Gipfeltreffens der EU-Staats- und Regierungschefs zeigten, dass Griechenland und die griechische Insel Zypern weiterhin bestrebt seien, „ihre Maximalansprüche durchzusetzen“.
Der Deal sei nach internationalem Recht ein „völlig legitimes Abkommen“, schrieb der Sprecher des türkischen Außenministeriums, Öncü Keçeli, auf X.
„Anstatt rechtlich ungültige Forderungen zu unterstützen, sollte die EU in diesem Zusammenhang alle ihre Mitglieder dazu aufrufen, das Völkerrecht einzuhalten“, sagte er.