Flugblätter mit politischen Inhalten beschäftigen derzeit die Istanbuler Polizei. Am Freitag hatten sich Passanten in der Nähe des Gezi-Parks über Flugblätter beschwert, in der unter anderem aufgefordert wurde, den "Diktator" zu stürzen. Die Polizei konnte die Quelle der Flugblätter inzwischen eindeutig zuordnen. Gegenüber dem Gezi-Park hatte sich ein deutscher Staatsbürger in ein Hotelzimmer einquartiert, nun sucht die Polizei den 26-jährigen landesweit.
Laut türkischen Medien hatten bereits Mitarbeiter des Hotels sich über das Equipment gewundert, der von einem ausländischen Mann ins Hotelzimmer getragen worden sein soll. Die Polizei die nach der Beschwerde von Passanten in der Umgebung des Fundorts von Flugblättern schnell auf das Zimmer aufmerksam wurde, erklärte, man habe zahlreiche Geräte im Zimmer vorgefunden, mit der man massenweise Flugblätter hätte über das offene Fenster auf die Straßen ausdrucken können. Neben einem PC, Netwerkkamera und einem professionellen Drucker, fanden die Ermittler auch ein Wlan-Netzwerkgerät mit Breitbandverbindung ins Netz.
Die Istanbuler Polizei hat über die türkischen Medien auch die Identität des Mannes veröffentlicht. Es handelt sich dabei um einen 26-jährigen deutschen Staatsbürger aus Bergisch-Gladbach. Laut einer türkischen Bloggerseite soll auf den Flugblättern, die am Freitag auf der Straße vor dem Hotel gefunden wurden, auch zum "Tod" des "Diktator!" aufgerufen worden sein, mutmaßlich gemeint damit ist der türkische Staatspräsident Erdogan.
Darüber hinaus steht in türkischer Sprache, dass dieses Flugblatt aus den "Mitteln des Freistaats Bayern und der deutschen Bundesregierung" finanziert worden ist. Eine Aktion des deutsch-schweizerischen Philosophen und Aktionskünstlers Philipp Ruch? Jedenfalls ist die Polizei darüber nicht sonderlich begeistert was in Deutschland gerade an Aktionen von Künstlern die Runde macht, denn in dem Aufruf werden die Türken angesprochen: "An alle Türken - Erdogan und die AKP haben aus der Türkei eine offen totalitäre Diktatur gemacht, die auf dem politischen Islam, gepaart mit türkischem Nationalismus, beruht. (...) Seid keine willenlose Herde von Mitläufern, die zulässt, dass Nachbarn eingesperrt und getötet werden. Verteidigt die Demokratie. Bekämpft den Rassismus. Stürzt die Diktatur!" steht da auf dem Flugblatt, die auch in türkischer Sprache auf der Aktionsseite #Scholl2017 wiederzufinden ist.
Wie die taz.gazete berichtet, handelt es sich dabei um die Aktion, die sich hinter der #Scholl2017 verbirgt - wir berichteten. Das Flugblatt, das in einer Auflage von 1.000 Stück im symbolträchtigen Gezi-Park verteilt worden sein soll, entstand demnach im Rahmen der Aktion "Scholl2017", wie die Veranstalter erklären. Darin wurden in den vergangenen vier Tagen im Namen des frei erfundenen bayerischen Ministeriums für Bildung, Kultur und Demokratie, die Geschwister Scholl der gegenwärtigen Zeit gesucht.
Für den gesuchten deutschen Staatsbürger könnte sich das negativ auswirken, sollte er von der Istanbuler Polizei gefunden werden. Kurios ist dabei, dass dieser gesuchte Mann im Internet unter diesem Namen überhaupt nicht auftaucht, kein Eintrag, nicht einmal eine Telefonnummer oder Hinweis zu finden ist. Ist es etwa doch eine Aktion, auch gedeckt durch die bayrische Regierung oder gar Bundesregierung, auch mit gefälschter Identität? Schließlich wird explizid auf die Rolle des Freistaates Bayern und der deutschen Bundesregierung hingewiesen.