In einem Interview gegenüber der ukrainischen Nachrichtenagentur RBC erklärte der ukrainische Botschafter der Türkei Vasyl Bodnar, dass Recep Tayyip Erdoğan „in gewisser Weise“ Wladimir Putin beeinflusse. Ferner ging Bodnar während des Interviews auch auf die Investitionen der Baykar Technology in der Ukraine ein.
Das türkische Rüstungsunternehmen Baykar Technology hat laut dem ukrainischen Botschafter Vasyl Bodnar bereits ein Tochterunternehmen in der Ukraine gegründet. Jetzt habe Baykar auch ein Grundstück erworben, um eine UAV-Produktionsanlage aufzubauen und die Entwicklung, Projektierung und Produktion von Drohnen vor Ort umzusetzen.
Drohnen-Werk
„Das Werk wird gebaut. Vor einer Woche hat die Regierung ein bilaterales Abkommen genehmigt und dem Parlament zur Ratifizierung vorgelegt – das Abkommen über den Bau des Werks selbst“, sagte Bodnar im Interview weiter. Der ukrainische Diplomat stellte klar, dass Baykar Technology einen erheblichen Teil der Drohne, die in Zukunft in diesem Werk zusammen gebaut werde, von nun an aus in der Ukraine hergestellten Komponenten bestehen könnte. Dies könnten u.a. Motoren sein, die in der Ukraine für Flugzeuge verwendet werden, sagte Bodnar weiter.
Zu den früher verbreiteten Berichten über eine mögliche Zusammenarbeit bei der Produktion von Drohnen mit Russland sagte Bodnar, dass Baykar Technology solche Pläne überhaupt nicht hege und es für sie schwierig sei, sich das überhaupt vorzustellen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte zuvor erklärt, Putin habe ihm eine Zusammenarbeit bei der Produktion von Drohnen der Baykar angeboten.
Ankara folgt eigenen Interessen
Im Interview mit RBC-Ukraine stellte Bodnar fest, dass die Ukraine bereits während des Beginns des Krieges verstanden habe, dass Ankara in erster Linie ihre eigenen Interessen verteidige. Und obwohl die Sensibilität gegenüber türkisch-russischen Kontakten seit Kriegsbeginn noch größer geworden sei, habe die Türkei ihre Beziehung zur Ukraine weiterhin beibehalten und verstärkt.
Darüber hinaus habe der türkische Präsident ein gewisses Druckmittel, um Wladimir Putin dazu zu bringen, bestimmte Vereinbarungen zu erfüllen. Das bisher relevanteste davon sei das Abkommen über den Export von ukrainischem Getreide. Tatsächlich habe die Türkei seit Beginn des Krieges als einer der wenigen maximale Anstrengungen unternommen, um der Ukraine zu helfen und Russland in gewisser Weise zum Friedensschluss zu drängen.
Das verbindende Band
Dennoch, so Bodnar weiter, gebe es auch Dinge, die der Ukraine nicht gefallen würden, was man Ankara offen gesagt hätte. Die Türkei sei und bleibe für die Ukraine ein strategischer Partner. Aber wie schon angedeutet, habe man vor Beginn des Krieges vollkommen verstanden, dass die Türkei ihre eigenen Interessen habe, und diese Interessen im Zusammenhang mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine nicht so recht passen würden. Natürlich würden dem die Vermittlungsdienste, die Schließung der Meerengen durch den Bosporus für russische Kriegsschiffe, die humanitäre, politische sowie materielle Unterstützung entgegenstehen, weshalb man nicht den Band mutwillig zerstören wolle.
Gerade die letzten Erfolge würden man der Türkei hoch anrechnen, so Bodnar. Wenn man sich all diese Vermittlungsdienste ansehen würde, habe keiner der europäischen Führer das erreicht, was der türkische Präsident erreicht habe. Das sei das Verdienst der aktiven diplomatischen Rolle der Türkei, erklärte Bodnar der RBC weiter.
Türkische Bevölkerung diktiert Ankaras Haltung
Zu der Frage, was er über die Haltung der Türken zum Krieg in Ankara beobachtet habe, erklärte Bodnar, dass der Trend tatsächlich dahin gehe, im Krieg zwischen der Ukraine und Russland für die Ukraine keine aktive Rolle einzunehmen. 78 Prozent der Bevölkerung würden glauben, dass es nicht notwendig sei, irgendeine Partei zu unterstützen, sondern zuallererst die eigenen Interessen zu wahren. Im Prinzip lasse sich sowohl die Regierung als auch die Opposition von diesen Gefühlen leiten, und die Politik, die man sehe, basiere auf dieser öffentlichen Haltung zum Krieg. Nur 10 Prozent der Menschen wären bereit, die Ukraine vollumfänglich zu unterstützen und nur 3 bis 4 Prozent würden Russland bevorzugen.