Syrien - Eskalation zwischen Besatzern und Einheimischen

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In Nordostsyrien sind heftige Kämpfe zwischen völkisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) sowie Einheimischen Arabern ausgebrochen. Die YPG wie auch die von ihr kontrollierten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) fliehen. Zur Hilfe eilen russische Bomber sowie iranische Milizen. Mit der Demokratisierung der Region unter der YPG / SDF scheint es vorbei zu sein.

Rebellion der Araber gegen die PKK

Die Rebellion der arabischen Bevölkerung in Nordostsyrien hat ihren Ursprung in der Verhaftung eines Stammesoberhaupts des arabischen Khabil-Clans, das diesmal den Fass zum Überlaufen brachte. Seit Jahren verhaften Milizen der völkisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG in den von ihr kontrollierten Selbstverwaltungszone Araber, Christen oder Turkmenen, die u. a. nicht rekrutiert werden wollen, die kritisch gegenüber der kurdischen Selbstverwaltungszone stehen oder die sich nicht der Diskriminierung und Gängelung unter der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) und ihrem militärischer Arm, den Volksverteidigungskräften, beugen wollen. Seit Jahren wird die Opposition von der PYD unterdrückt und verfolgt. Die PYD gilt als Schwesterorganisation der Terrororganisation PKK.

Chaos ist perfekt und war vorherzusehen

Jetzt droht der nordsyrischen Selbstverwaltungszone, die unter dem Schutz der USA entstand und bislang mit Waffen sowie Hilfsmitteln versorgt wurde, ins Chaos zu stürzen. In die Kämpfe zwischen Arabern und der YPG / SDF haben sich laut Meldungen auch iranische Milizen und russische Streitkräfte hinzugesellt, die offensichtlich den völkischen Kurden zur Seite stehen. 

Es begann mit einer Verhaftung

Die Rebellion der Araber begann am Sonntag, nach dem der Stammesfürst des Khabil-Clans bei einem Treffen mit Führern der YPG überraschend verhaftet wurde. Die Araber warfen daraufhin der YPG vor, ihren Führer in eine Falle gelockt und so verhaftet zu haben. Die Wut darüber weitete sich wie ein Flächenbrand aus und erfasste weitere arabische Clans, die nun gemeinsam gegen die "Fallensteller" vorgehen. In nur wenigen Tagen überrannten bewaffnete arabische Gruppen zahlreiche Checkpoints der YPG / SDF sowie Dörfer, die von den völkisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten in der Provinz Aleppo, Manbidsch oder Deir ez-Zor kontrolliert werden. Nach bisherigen Schätzungen kamen bei den Kämpfen bis zu 80 Menschen ums Leben, Dutzende Milizen der völkisch-kurdischen YPG wurden festgenommen.

In sozialen Medien sind Videos und Bilder im Umlauf, in der Araber zu sehen sind, die Waffen und gepanzerte Fahrzeuge der YPG / SDF erbeutet haben. Zudem sind Stellungen sowie Checkpoints der YPG / SDF zu sehen, in denen Gefangene gezeigt werden. Es kursieren auch Gerüchte, wonach ganze Bataillonstärke der YPG zu den Arabern übergelaufen sind.

YPG beschuldigt Araber der Kooperation mit Russland und dem Iran

Die Lage wird, je weiter die Kämpfe anhalten, noch undurchsichtiger. Während die YPG in einer jüngsten Stellungnahme erklärte, die arabischen Kämpfer würden mithilfe iranischer Milizen und russischen Kampfbombern Stellungen der YPG überrennen sowie Unterstützung vom syrischen Regime erhalten, deuten Videoaufnahmen und Berichte von lokalen Journalisten und Beobachtern darauf hin, dass die iranischen Milizen in Tall Rifaat auf Seiten der YPG gegen die aufständischen Araber vorgehen. In der Provinz Aleppo sollen russische Kampfflugzeuge Bomben auf Dörfer werfen, die von aufständischen Arabern gehalten werden. 

Das scheint plausibel zu sein, da in Tall Rifaat die Task-Force der internationalen Allianz gegen den Islamischen Staat IS den Luftraum überwacht, während in der Provinz Aleppo die Lufthoheit dem syrischen Regime obliegt. Bislang sind nur Bombenabwürfe in der Provinz Aleppo registriert worden, in anderen Landesteilen jedoch nicht. Die Falschmeldungen, wonach Araber mit dem Regime und dem Iran zusammenarbeiten, sind haltlos. Die YPG / SDF unterhielt bislang mit dem syrischen Regime selbst ein gutes Verhältnis, vor allem nach dem man bei der Einnahme Aleppos im Jahre 2016 Hand in Hand mit dem syrischen Regime ging. Überdies konnte die Selbstverwaltung in Nordsyrien nur entstehen, weil Baschar al-Assad ihnen dies ermöglichte und bislang die Region in Ruhe ließ, während andere Landesteile, in der die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) die Kontrolle ausübt, bislang mit Luftangriffen überzog.

Experten warnen seit Jahren vor dieser künstlichen Zone

Vor dieser explosiven Gemengelage warnt die renommierte niederländische Journalistin Rena Netjes seit Jahren. Ihr zufolge habe die völkisch-kurdische YPG / SDF in Nordsyrien eine Selbstverwaltungszone mit Gewalt und Unterdrückung etabliert, die mithilfe der USA und Europa auf Kosten der Einheimischen Araber und anderen Minderheiten, darunter auch Christen, aufrechterhalten werde.