Die von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG-geführten Demokratischen Kräfte von Syrien (SDF) sollen syrischen Medien zufolge in den kontrollierten Gebieten Todesstrafen verhängt haben. Die Bevölkerung rebelliert, viele flüchten, Streiks brechen aus.
Zwangsrekrutierungen und willkürliche Verhaftungen, bei der syrischen Medien zufolge auch Folter angewendet werde und bereits Todesopfer zu verzeichnen sind, führen zum Ausbluten der SDF-kontrollierten Gebiete in Nordsyrien. "Seit Juni verlassen junge Menschen die östlichen Gebieten des Euphrat, vor allem Deir Ezzor, Raqqa und Hasaka" erklärt unter anderem Zein al-Abaden, ein syrischer Journalist aus Raqqa.
„Es ist eine beispiellose Welle von Menschen, die das Gebiet verlassen“, fährt Zein al-Abaden fort. Sie fliehen in die von der Freien Syrischen Armee FSA kontrollierten Gebiete und dann in die Türkei. Laut dem oppositionellen Nachrichtenportal Levant24 ziehen es viele syrische Flüchtlinge vor, danach die Flucht nach Europa anzutreten.
Mit ein Grund sind auch die desolaten Zustände in den SDF-kontrollierten Gebiete. Junge kurdische Syrer hätten keine Bleibeperspektive mehr, arabische oder turkmenische Syrer würden aufgrund der Schikanen der YPG es vorziehen, nach Nordirak, in die Türkei und danach nach Europa zu flüchten.
Das Faß zum überlaufen brachte aber eine Verhaftungswelle und die anschließende Verurteilung zur Todesstrafe von 22 jungen Menschen. Arabische Stammesgruppen aus al-Hasaka, Qamischli und Raqqa sollen sich in der Stadt Schaddadi versammelt haben, um die Aufhebung der Todesurteile gegen sieben Verurteilte aus Deir ez-Zor, Hasaka und Schaddadi zu erzwingen, heißt es in einer Meldung der Levante24.
ميليشيا قسد تُعدم شابّين في بلدة #القيروان بريف الحسكة ومصادر #أورينت تؤكّد عزمها على إعدام شابين آخرين في #الشدّادي#أورينت pic.twitter.com/PpcYJebtTr
— Orient أورينت (@OrientNews) September 22, 2022
Oppositionellen syrischen Medien zufolge werfen die kurdischen YPG den Verurteilten Zusammenarbeit mit oppositionellen Gruppen vor. In einigen Fällen sollen sie mit Milizen der FSA kommuniziert haben. Die niederländische Arabistin Rena Netjes spricht von Willkürverurteilungen, die man von Kräften des Islamischen Staates IS kenne. "Was ist der Unterschied zu IS-Praktiken?" fragt Rena Netjes in einem Twitter-Beitrag.
Orient TV: SDF sentenced 22 Arab young men to death. And not because they are ISIS, because they are pro FSA/Revolution.
Things go from bad to worse there. What is this different from ISIS practices? Wallah.https://t.co/WB1mohxGqG— Rena Netjes (@RenaNetjes) September 22, 2022
Unterdessen sind in Qamischli Händler in den Streik getreten, um gegen die exorbitanten Steuerforderungen der SDF-Milizen und Regimekräften zu protestieren, meldet der syrische Reporter Hossam Gamal von der Syria News.
Laut Rena Netjes, die im Onlineportal Democracy for the Arab World Now ein Kommentar hierzu gab, wächst die Zahl der Syrer, die auf der Suche nach dauerhafter sicheren Zuflucht als einzige Option Europa in Betracht ziehen. Zu ihnen zählt Netjes Syrer, die aus Gebieten fliehen, die sowohl vom Assad-Regime als auch von den kurdisch geführten und von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) kontrolliert werden. Dort sei die wirtschaftliche Situation noch schlimmer als in den von der Opposition gehaltenen Gebieten.
In Gebieten, die immer noch von syrischen Oppositionskräften mit Unterstützung der Türkei kontrolliert werde, gebe es eine bessere Grundversorgung, die durch Anschlüsse an türkische Netze bereitgestellt werde, einschließlich Strom, Wasser und Internet, sowie die Möglichkeit des Handels über die türkische Grenze hinweg. Netjes zufolge werde in den oppositions-geführten Gebieten die türkische Lira häufig verwendet, trotz der Abwertung der Lira. Die Lira sei aber immer noch besser als das drastisch abgewertete syrische Pfund.