„Kurden“ rekrutieren weiterhin Kindersoldaten

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Die Rekrutierung von Kindersoldaten wirft einen langen Schatten auf das Streben der Terrororganisation PKK und deren syrischen militanten Arm YPG nach globaler Legitimität in Syrien. Immer vehementer klagt auch die assyrische Minderheit über anhaltende Kindesentführungen, die nachträglich verschleiert werden.

Die bislang gescheiterten Bemühungen, die Rückkehr von Jugendlichen aus Ausbildungscamps der PKK bzw. der Volksverteidigungseinheiten YPG sicherzustellen, die für den Kampf in Nordsyrien zwangsrekrutiert werden, zeigen das Dilemma, in der die sogenannte kurdische Autonomieverwaltung steckt.

Die YPG hat in Nordsyrien bislang keine Basis gefunden, auf die sie sich berufen kann, um den Machterhalt in der Region zu sichern. Nur mit Unterdrückung der Opposition, Gewaltandrohung und Folter gegenüber der örtlichen Bevölkerung, kann sich die YPG in den von ihr durchgesetzten „Autonomieverwaltungen“ halten. Wie in der Vergangenheit, sieht sich die Terrororganisation auch gegenwärtig gezwungen, Kinder von Arabern, Kurden oder christlichen Minderheiten wie Armenier oder Assyrer zu entführen und in Ausbildungscamps gefügig zu machen, um gegenüber den Anti-IS-Koalitionspartnern Manpower zu demonstrieren, den Herrschaftsbereich zu sichern.

Die Zwangsrekrutierung birgt aber auch Risiken, die nicht nur innerhalb der Region für Auflehnung gegen die Willkür- und Machtherrschaft sorgen, sondern auch in der Welt die Legitimität unterhöhlen. Seit Jahren werfen Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch HRW oder Amnesty International AI der YPG bzw. deren umfirmierten Demokratischen Kräfte Syriens SDF vor, Kindersoldaten einzusetzen; bislang ohne Ergebnis.

Bereits am 5. Juni 2014, nach dem der Druck auf die YPG in Zusammenhang mit „Kindersoldaten“ zugenommen und die Weltöffentlichkeit erreicht hatte, verpflichtete sich die YPG mit der Nichtregierungsorganisation Geneva Call in einem Memorandum, alle Kämpfer unter 18 Jahren innerhalb eines Monats zu demobilisieren. Obwohl die YPG auch am 22. Juli 2015 gegenüber der HRW ein ähnliches Statement abgab und versprach, die erwähnten Fälle „nachzuverfolgen“ und „abzustellen“, geschah bislang nichts.

Noch immer registrieren Menschenrechtsorganisationen zahlreiche Klagen von Eltern, deren Kinder von der YPG von der Straße aufgesammelt und zwangsrekrutiert wurden und deren Verbleib von der Autonomieverwaltung, der YPG, oder dem politischen Arm PYD geheim gehalten wird. Die Syrians for Truth and Justice (STJ) registrierte allein für das erste Halbjahr 2022 eine Zahl von mindestens 29 Kindern, die in den Gebieten der sogenannten Autonomieverwaltung in den syrischen Provinzen Aleppo und al-Hasaka entführt und in Ausbildungscamps gesteckt wurden.

Die internationale Gemeinschaft verschließt die Augen vor anhaltenden dramatischen Berichten über die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten durch die YPG bzw. SDF. In einer Pressesitzung im Weißen Haus erklärte Pressesprecher Ned Price gegenüber einem Reporter, man arbeite mit den Partnern [gemeint sind YPG/SDF], um das Bewusstsein in Zusammenhang mit Kindersoldaten zu schärfen und die Herausforderungen anzunehmen. Price zufolge unterstütze man diese Praxis nicht.

Washington's öffentlich bezeugte Besorgnis über anhaltende Menschenrechtsverletzungen seitens ihrer „Partner“ in Nordsyrien hat praktisch gesehen keine Auswirkungen. Vor den Augen der US-Präsenz in Nordsyrien ist die Zwangsrekrutierung von Kindern weiterhin gang und gäbe, weshalb auch die Bevölkerung in den „Autonomieverwaltungen“ frustriert ist und vermehrt auf die Straßen geht.

Erst Mitte 2021 machten Meldungen die Runde, Kräfte der YPG würden in Manbidsch auf Demonstranten schießen, die gegen die Zwangsrekrutierung protestieren würden. Dabei wurden 8 Menschen getötet, 27 weitere zum Teil schwer verletzt.

Die YPG sucht vergeblich nach freiwilligen Kämpfern, findet sie aber weder unter Arabern, noch Kurden, weil viele Lokalbewohner sich weiterhin als Syrer verstehen und mit der  kurdisch-nationalistischen Sicht nichts am Hut haben. Die noch einzig verbliebene Chance besteht darin, zu Binnenflüchtlingen zu werden und in die benachbarte türkisch-kontrollierte Provinz Afrin zu fliehen, wo sie eine Zukunft sehen und Sicherheit verspüren. Jene, die nicht fliehen können, vor allem alteingesessene christliche Minderheiten, werden vermehrt zur Wehrpflicht gezwungen oder müssen damit rechnen, dass ihre Kinder zwangsrekrutiert werden. So in einem Fall, der jetzt erst publik wird.

Laut der in Schweden ansässigen Assyria TV hat die YPG einer assyrischen Familie aus al-Hasaka den Leichnam ihres 16-jährigen Jungen zurückgegeben, der zuvor zwangsrekrutiert worden war. Mit überreicht wurde der Familie eine Märtyrer-Urkunde, in der ein kurdischer Name stand und das Alter des Kindes mit 19 angegeben wurde. Laut Assyria TV vertusche die YPG so die Zwangsrekrutierung von Kindern und Jugendlichen.