Nach dem verheerenden Bombenanschlag auf der belebten Einkaufsmeile İstiklal Caddesi in Istanbul war es nur eine Frage der Zeit, wer die üblichen Verdächtigen sind: die amtierende türkische Regierung. Niemand im Westen will mehr der PKK oder der IS die Tat zutrauen.
Westen sucht ausserhalb des Terrorismus nach den Verantwortlichen
Es ist doch mehr als verdächtig, dass die üblichen Verdächtigen von Terroranschlägen in der Türkei, abseits der völkisch-kurdischen PKK, des Islamischen Staates oder der linksextremen DHKP-C gesucht werden.
Hasnain Kazim und Igor Schwarzmann sinnieren gemeinsam
Da steigert sich ein gewisser Hasnain Kazim gemeinsam mit Igor Schwarzmann im Duett in eine Verschwörung bzw. false flag-Aktion der türkischen Regierung hinein, während Regierungsgegner im In- wie Ausland seit langem daran arbeiten, die türkische Justiz und das Militär von einem Moloch in das nächste zu treiben. Der Sinn dieses Treibens erschließt sich erst bei näherer Betrachtung, oder aber, bei der Gegenüberstellung der halsbrecherischen Theorie mit den Gegebenheiten.
So sinniert Hasnain Kazim in seichten Gewässern, wenn er die bevorstehende Wahl und den Terroranschlag mit der Regierung in Verbindung bringt und dabei die Krise in der Wirtschaft sowie Auswirkungen der Pandemie anführt. Dann stößt interessanterweise Igor Schwarzmann hinzu, der einen Fass ohne Boden aufmacht. Ob Schwarzmann solch einen Stuss auch bei Israel und der Hamas von sich geben würde?
Kein Einzelfall, sondern die Grundstimmung in Europa
Aber wer meint, das wären nur sporadische Gehirnblitze, der liegt falsch. Tomas Spahn meint in Tichys Einblick, hinter dem Terroranschlag würden ganz andere Kräfte stehen, als man zunächst meinen könnte. Dann zeigt er wie selbstverständlich auf Erdogan - wie so oft, wenn man mit angeblichen Argumenten nur so um sich wirft.
Im Grunde werden die üblichen Verdächtigen von deutschen, sprich, westlichen Journalisten in Abrede gestellt, während man ganz geschmeidig die türkische Justiz, die Polizei, das Militär, den Nachrichtendienst und die türkische Regierung einfach so mal unter Generalverdacht stellt - ein Erfindung der PKK und türkischer Staatsfeinde. Die üblichen Verdächtigen wie die PKK, der Islamische Staat oder die DHKP-C werden dabei sprichwörtlich zu Marionetten der Türkei verklärt.
Terrorismus sucht ihr Heil im Westen
Aber was diese Burschen nicht in den Mund nehmen ist, dass die üblichen Verdächtigen stets in den Westen flüchten wollen, um Schutz und Sicherheit zu erlangen. Komisch, nicht wahr? Die Mitglieder der Fethullah Gülen-Sekte sind beinahe alle in Europa, in den USA oder Kanada untergekommen - und werden von höchsten Stellen gedeckt. Flüchtige der PKK, andere Dreibuchstabenvereine sowie die DHKP-C sind seit Jahrzehnten in Europa willkommene Gäste. Sie bereichern sogar die eigene Außenpolitik und gestalten sie mit. Nur die Mitglieder des Islamischen Staates, werden reihenweise verhaftet und verurteilt, haben keine Daseinsberechtigung.
Nulltoleranz-Politik der Regierung
Die türkische Regierung hatte seit Jahren eine Nulltoleranz-Politik gegenüber der PKK und anderen Terrororganisationen gefahren; im Grunde seit dem Scheitern der Friedensverhandlungen von 2013/2014. Ein Anschlag, den die Regierung im Grunde fingiert hätte, würde diese Politik konterkarieren, der Opposition Munition liefern, was jetzt schon der Fall ist.
Die USA liefern trotz der jahrelang anhaltenden Kritik der Türkei Waffen und Munition an die YPG, einem Ableger der Terrororganisation PKK in Nordsyrien. Zudem wird der politische Ableger der PKK, die PYD, mit US-Geldern auf den Beinen gehalten. Als Vorwand wird die Bekämpfung des Islamischen Staates (IS) sowie die Sicherstellung der Unterbringung von IS-Gefangenen vorgehalten.
Ziel des Anschlags: Angst und Schrecken verbreiten
Auf der anderen Seite muss man sich vergegenwärtigen, was mit diesem Terroranschlag in Istanbul, einem der mit Abstand größten Metropolen der Türkei, eingeleitet wurde: Unsicherheit, Angst, Kritik an der Regierung. Nach rund 5 Jahren relativer Ruhe, ist die Unsicherheit mehr denn je gewachsen, man spürt die Angst auf den Straßen. Die Kritik gegen die Regierung ist allgegenwärtig. Wem würde das wohl eher in die Hände spielen?
Gravierend kommt hinzu, dass die Verdächtige offenbar bewusst ausgewählt wurde: eine arabischstämmige Syrerin. Sie fällt augenscheinlich aus dem Raster der PKK. Diese Annahme ist falsch. Innerhalb der Ableger der PKK tummeln sich nahezu alle; Kurden, Araber, Armenier, Christen, Atheisten wie Muslime. Es wäre töricht davon auszugehen, dass die PKK ein rein kurdisches Phänomen sei.
Attentäterin nicht aus Zufall Araberin und mit Kopftuch unterwegs
Höchstwahrscheinlich hat man die Attentäterin bewusst aus dem arabischen Milieu ausgesucht, weil in der Türkei seit längerem eine ablehnende Grundhaltung gegenüber Arabern bzw. Syrern genährt wird, wogegen die türkische Regierung erbittert ankämpft. Die Opposition greift die Flüchtlingspolitik immer wieder auf, um die Bevölkerung gegen die syrischen Flüchtlinge aufzuwiegeln.
Die türkische Polizei hatte in den frühen Morgenstunden erklärt, dass der Zugriff erfolgte, nach dem man nachrichtendienstliche Erkenntnisse gewann, wonach die Attentäterin aus dem Weg geräumt werden sollte. Diese nachrichtendienstlichen Erkenntnisse führten daher auch zur Razzia in 21 unterschiedliche Adressen, bei der u.a. auch der Auftragsmörder dingfest gemacht werden konnte, der die Attentäterin aus dem Weg räumen sollte, um danach ins europäische Ausland zu flüchten. Sprich, offensichtlich wollte man die einzige Zeugin aus dem Weg räumen, bevor die türkische Polizei sie schnappen und verhören konnte. Wäre die Attentäterin vor dem Zugriff noch getötet worden, wäre der Plan offensichtlich aufgegangen. Man hätte eine syrische Araberin gehabt und zu einer mutmaßlichen IS-Anhängerin erklärt. Was meinen all die Fantasten, wie das in der Türkei in Zusammenhang mit den syrisch-arabischen Flüchtlingen aufgefasst worden wäre?
Wer zieht die Fäden?
Zieht man all das in Betracht, sticht eine Theorie hervor, die in sich schlüssig ist und auch keine Fragen offen lässt. Die PKK oder deren graue Eminenz dahinter, wählte die Frau bewusst aus, um einerseits Unsicherheit und Schrecken zu verbreiten und auf der anderen Seite den Eindruck zu verfestigen, dass die Flüchtlingspolitik der türkischen Regierung gescheitert ist. Damit wäre die Regierung im Fadenkreuz der Bevölkerung.
Biden wollte Erdogan doch loswerden
Rückblick: US-Präsident Biden meinte vor Amtsantritt unumwunden, Erdogan mit Unterstützung der Opposition quasi entmachten zu wollen. Der ehemalige deutsche Botschafter Martin Erdmann gab während eines Fluges und bei einer Plauderstunde unumwunden zu, dass Erdogan entthront werden müsste. Der Führer der PKK, Duran Kalkan, erklärte nach schweren Rückschlägen im April dieses Jahres mit energischer Stimme, den Konflikt nun in die Türkei tragen zu wollen, und zwar nicht nur gegen militärische Ziele.
Jetzt frage ich unumwunden: Wer oder was hätte von diesem Bombenanschlag mehr davon?
Soylu und Altun wollen keine US-Kondolenz
Und wenn man jetzt noch die Äußerungen des türkischen Justizministers Süleyman Soylu sowie dem Kommunikationschef des türkischen Präsidialamtes Fahrettin Altun hinzuzieht, die die US-Beileidsbekundungen abgewiesen haben, dann kann man mit Fug und Recht behaupten, dass die türkische Regierung endgültig die Faxen dicke hat.
Aussagen wie, Terror im Land würde der Regierung zuarbeiten, dienen nur dazu, Behörden und die Regierung unter Verdacht zu stellen. Dann nimmt den Kampf gegen den Terror doch auch auf, dann habt ihr auch was davon. Gibt es dagegen etwa Einwände?
Herr Hasnain Kazim...
Und Pardon Herr Hasnain Kazim; wenn der türkische Staat es für wichtig erachtet, aufgrund sicherheitspolitischer Erwägungen eine Nachrichtensperre zu verhängen, dann ist das für ein Land elementar, die zwischen zwei Kontinenten liegt und um sie herum Konflikte vorherrschen. Sie kann auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft per Gerichtsbeschluss eine Nachrichtensperre verhängen, das Internet verlangsamen, eine Stadt hermetisch sichern. Platte Vorwürfe und der erhobene Fingerzeig sind hier fehl am Platze.
Westliche Medien stellen Persilschein aus
Seit Jahrzehnten ist die PKK berüchtigt dafür, unabhängig der ethnischen Zugehörigkeit, auch nicht vor Kindern und Frauen halt zu machen. Nun lassen sie über westliche Medien verkünden, dass sie nichts mit dem Anschlag zu tun haben.
Dass die PKK sich nun nicht für den Angriff auf Zivilisten bekennen will, ist nicht überraschend. Würde dieser Angriff doch ihre lang geplante und im Westen etablierte These über die Nutzung von Giftgas durch die türkische Armee und ihre Opferrolle auf den Kopf stellen.
Übrigens ist die PKK für ihre Morde in der Türkei nicht erst seit Sonntag bekannt. Die türkische Bevölkerung ist mit der Gewalt und dem Terror der PKK quasi aufgewachsen. Erdogan braucht kein Terror, um die Bevölkerung bei der Stange zu halten; die Bevölkerung kennt die PKK all zugut und stand bislang immer hinter jeder Regierung. Von daher, bitte den Ball flach halten.