Militärputsch in der Türkei - Widerstand geht vom Volk aus

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Teile des türkischen Militärs haben ein Putschversuch unternommen. Zwar haben die Putschisten das Kriegsrecht ausgerufen, doch in vielen Städten sind die Menschen auf der Straße. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan spricht von einem Putschversuch, den er beenden werde.

Teile der türkischen Armee sind offenbar für einen Putschversuch verantwortlich. Im Fernsehen rief ein "Friedensrat" das Kriegsrecht aus und verlas eine Erklärung in der die Übernahme der Macht in der Türkei verkündet wurde. "Die Macht im Land ist in ihrer Gesamtheit übernommen", hieß es in einem im Fernsehsender NTV am Freitagabend verlesenen Erklärung des Militärs. Gegenwärtig ziehen sich Putschisten anscheinend von besetzten Plätzen zurück. Menschenmassen haben sich auf die Straßen begeben.

Zuvor hatte Ministerpräsident Binali Yıldırım einen "illegalen Versuch" von Teilen des Militärs bekannt gegeben und zur Ruhe aufgefordert. Eine regierungsnahe Nachrichtenagentur meldete, der Generalstabschef sei eine Geisel der Putschisten, was bislang weder bestätigt noch dementiert werden konnte. Der Kommandeur der 1. Armee in Kayseri, einer von insgesamt vier Armeen der Landstreitkräfte der Türkei hat verlautbaren lassen, dass das Türkische Militär den Putsch nicht unterstützt. Ministerpräsident Yildirim erklärte, es habe zu keiner Zeit einen Militärputsch gegeben, die von der türkischen Armee ausgeht. Yildirim erklärte, es sei ein terroristischer Akt und man werde alle Schuldigen zur Rechenschaft ziehen.

Laut Berichten gibt es in vielen türkischen Städten Hamsterkäufe. Die Bevölkerung erwartet wohl einen länger anhaltenden Konflikt. Staatspräsident Erdogan, Ministerpräsident Yildirim und das Ministerkabinett erklärten einstimmig, dass der Putschversuch scheitern werde. Erdogan rief unterdessen das Volk auf, sich auf die Straßen zu begeben. In den größeren Metropolen wie Istanbul, Ankara, Konya sollen Menschenmassen sich vor den Parteisitzen der AKP oder markanten Plätzen versammelt haben. In Istanbul, wo der Atatürk-Flughafen von Militäreinheiten besetzt wird, haben sich ebenfalls Menschenmassen versammelt. Viele sollen türkische Fahnen mit sich tragen, darunter auch sehr viele Frauen. In der gesamten Metropole Istanbul klingen über Moscheelautsprecher Gebetsrufe.

Im Osten des Landes, unter anderem in Diyarbakir werden Bewegungen von Armeeeinheiten gemeldet. Es ist nicht sicher, ob es sich um Putschisten handelt oder ob sie auf Anweisung der Regierung handeln. In Siirt sind Gendarmerieeinheiten aus ihren Kasernen ausgerückt und sollen sich auf den Weg in die Stadtmitte machen. Auch hier ist bislang der Grund nicht festzustellen.

Im Westen werden Militärbewegungen aus Edirne bekannt gegeben, die sich laut Beobachtern in Richtung Istanbul bewegen. In Istanbul sind erste Panzer vor dem Polizeipräsidium abgerückt. Menschentrauben hatten sich vor dem Polizeipräsidium gebildet. In Ankara sollen Hauptzufahrtsstraßen der Hauptstadt von Militärs weiterhin besetzt sein, jedoch werden auch Menschenmassen gemeldet, die aufgebrochen sind, sich den Panzern entgegenzustellen. Es soll zu ersten Handgreiflichkeiten zwischen Armeeeinheiten der Putschisten und Bevölkerung stattgefunden haben. Waffen soll entwendet und gegen Soldaten gerichtet worden sein. Einige Panzerinsassen in der Hauptstadt haben anscheinend die Mündungen herabgelassen.

Parteien des Nationalparlaments haben in ersten Stellungnahmen den Militärputsch scharf verurteilt. Die Vorsitzenden der Parteien CHP, AKP, MHP und HDP haben in Erklärung bekannt gegeben, dass der Putsch ein Schlag gegen die Demokratie und das Volk sei.