Die völkisch-kurdische PKK, die sich zwar antiimperialistisch gibt, aber die hütende Hand des Westens braucht, benötigt auch die iranisch-schiitischen Mullahs, das Wohlwollen des syrischen Regimes, den Rückzugsraum im Iran, um ihre Existenz zu sichern. Keine andere Terrororganisation konnte sich so lange halten, wie die PKK. Wie kommt das?
Am gestrigen Tag wurden bei einem Drohnen-Luftschlag des türkischen Militärs in Nordsyrien drei Vertreterinnen der sogenannten SDF (Syrian Democratic Forces) „neutralisiert“. Heute wurden im Nordwesten Syriens fünf weitere sogenannte Vertreter bei einer Operation der türkischen Streitkräfte getötet, darunter Şahin Tekintanğaç.
Anfang der Woche sorgte der angebliche Artilleriebeschuss der Türkei auf eine von Touristen besuchte Freizeitanlage im nordirakischen Zakho in der Provinz Dohuk für Aufsehen. Bei dem Beschuss wurden letzten Angaben zufolge 8 Menschen getötet, darunter auch Kinder.
Die Türkei dementierte den Vorwurf der irakischen Führung, es handele sich um eine türkische Militäroperation, energisch und verwies dabei auf die PKK als möglichen Urheber des Angriffs.
Zunächst einmal muss man festhalten, dass der Beschuss der Freizeitanlage in Zakho nur zwei Tage nach einem Treffen in Teheran erfolgte. Bei dem Treffen zwischen dem russischen, iranischen und türkischen Präsidenten ging es auch um die Bekämpfung von Terrorismus. Ankara drängt seit Jahren darauf, dass der Nordirak sowie Nordsyrien von Terrororganisationen befreit wird. Dazu zählt nicht nur der Islamische Staat (IS), sondern auch die völkisch-kurdische PKK.
Weil offenbar der Irak nicht fähig oder willens ist, die PKK aus ihrem Territorium zu verdrängen, Terrornester auszuheben, hat die Türkei die Initiative ergriffen und unter Berufung auf Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen militärische Operationen begonnen.
Jetzt wo der Beschuss der Freizeitanlage im Nordirak auf dem Tisch liegt, soll die Türkei ihre militärische Präsenz im Nordirak sofort unterbinden.
Dasselbe ist derzeit in Nordsyrien zu beobachten. Die Türkei will entlang der türkisch-syrischen Grenze eine durchgehende Pufferzone, 30 km. tief in syrischen Territorium, militärisch sichern. Dagegen gibt es nicht nur Proteste seitens des syrischen Regimes, sondern von Teheran, Washington sowie Moskau.
Auch in Syrien ist wie im Irak das Regime nicht fähig, gar nicht willens, die Terrororganisationen im eigenen Territorium vollumfänglich zu bekämpfen. Offensichtlich nutzen sämtliche Parteien bestimmte Terrororganisation für eigene Interessen. Die PKK spielt im Irak wie auch in Syrien eine außerordentliche Rolle.
Als Bauernfiguren positioniert sich die PKK je nach Regime und Macht neu, ist einerseits antiimperialistisch, dann wiederum demokratisch, hält mit dem syrischen Regime Händchen oder wird von iranischen Mullahs unter die Kutte genommen. Nur mit Ankara kommt die PKK überhaupt nicht klar, will sich nicht unterordnen oder Zugeständnisse machen.
Das hat auch einen plausiblen Grund: Die PKK ist zu einer Bauernfigur verkommen und die Akteure nutzen diese ihr zugestandenen Rolle aus. Und das tun diese Akteure inzwischen offen und mit einer Dreistigkeit, dass einem dabei die Hutschnur hochgeht. Nur Ankara bewegt sich nach den internationalen Regeln, beachtet die Netiquette.
Ankara hätte z.B. nach dem Beschuss auf Zakho auch den Iran beschuldigen können, diesen abscheulichen Akt abgesegnet oder gar mit geplant zu haben. Nein, Ankara behielt es dabei, die PKK als Urheber zu benennen.
Ankara hätte auch die USA für ihre Unterstützung der PKK offen beschuldigen können. Bis heute jedoch bleibt es bei der Forderung, die PKK in Nordsyrien bis östlich des Euphrats zu drängen; was die USA als größte militärische Macht offensichtlich auch nicht hinbekommt.
Ankara hat auch Moskau nicht zurechtgewiesen oder unmissverständlich verlangt, sich von der PKK zu distanzieren, in den von russischen Verbänden kontrollierten nordsyrischen Gebieten die Terrororganisation zu verfolgen. Es bleibt bei den Bitten darum, die PKK doch endlich zu bekämpfen.
Stattdessen erlauben sich die Akteure, der Türkei in jeder Hinsicht den Zaunpfahl zu zeigen, wenn es um die PKK geht. So erlaubte sich das Pentagon, die PKK in Nordsyrien umzubenennen. Laut US-General Raymond Thomas a.D. (21. Juli 2017) fand die Umfirmierung bereits 2015 statt. Also zu einer Zeit, wo man die PKK gegen die IS in Stellung bringen wollte, während die Türkei darauf pochte, eine Luftverbotszone einzurichten und die IS selbst militärisch zu bekämpfen.
In Colorado legt General Thomas überraschend die Karten auf den Tisch. Damals, 2015, habe er kurdische Politfunktionäre und Milizenchefs der PKK getroffen. „Sie müssen Ihren Firmennamen ändern“, habe er ihnen gesagt. Der General erläutert, dass der alte Firmenname nicht vermittelbar gewesen wäre. „Wenn sie zu sehr die Verbindung zu ihrer Vergangenheit, zur PKK, in den Vordergrund stellen würden, dann schüfe das Probleme“, erklärt Thomas dem Publikum.
Quelle: Panorama 26.10.2017 | Krieg gegen IS: Der US-Pakt mit Marxisten
Damals wie heute steht die USA hinter ihrer Entscheidung, eine Terrororganisation als freiheitliche Kämpfer zu etablieren. Die Türkei bekämpft diese „freiheitlichen Kämpfer“ ungeachtet ihrer Umfirmierung und hat anscheinend immer mehr Erfolge vorzuweisen. Der gestrige Luftschlag gegen Vertreterinnen der SDF zeigt, dass die USA keine Handhabe dagegen hat und nur noch reagieren kann. Die Reaktion auf die gestrige Neutralisierung von drei hochrangigen Vertreterinnen der PKK war, dass das Pentagon ihr Beileid bekundete. Offensichtlich hat die USA kein wirksames Instrument mehr, womit sie Ankara zur Räson bringen kann. Sie hat offensichtlich alle Trumpfkarten ausgespielt.
Die Legitimation bezieht Ankara daraus, dass genau diejenigen, die ihr vorwerfen, für eine völkerrechtswidrige Ordnung zu stehen, das Ideal einer völkerrechtswidrigen Ordnung von gleichberechtigten Rechtssubjekten auf Augenhöhe über mehrere Jahrzehnte hinweg selbst verraten, verkauft und vergewaltigt haben. Es gibt völkerrechtlich nichts - absolut nichts - was Ankara von diesen Akteuren vorgeworfen wird, dessen sich diese und ihre Günstlinge in den letzten Jahrzehnten nicht ebenfalls schuldig gemacht hätten.
Ankara wird vielleicht dereinst vor allem von Europäern als Totengräber des modernen Völkerrechts gelten. Dessen Mörder sind aber diejenigen, die selber in den Jahrzehnten zuvor völkerrechtswidrige Angriffskriege und Annexionen, Regime-change-Kriege, sowie die Verletzung des Rechts auf territoriale Integrität von Staaten - vor allem im Irak, Syrien, Libyen - aus einem rechtlich und moralisch verlogen-bigotten Verständnis heraus betrieben, bzw. dazu geschwiegen haben.