Mit Beginn der Corona-Pandemie und den staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung, wanderten viele Fachkräfte in Deutschland in andere Berufe und Jobs aus. Mit dem Abbau der Corona-Restriktionen im Frühjahr, waren vor allem Airlines und Flughafenbetreiber vom Fachkräftemangel betroffen. Türkische Fachkräfte sollten diese Lücke für einige Wochen schließen.
Erstmals wurde dieser Fachkräftemangel von Gewerkschaften und Flughafenbetreibern angedeutet. Später erklärten Anfang der Osterferien nach Hunderten Flugstreichungen auch Airlines, dass der Mangel an Fachkräften eines der größten Probleme sei.
Wenig später kamen die ersten Gerüchte auf, wonach türkische Hilfskräfte, bevorzugt aus der selben Branche, diese klaffende Lücke füllen könnten. Damit begann eine unsägliche Odyssee, die einerseits Tausende Türken in der Türkei in Gefühlswallungen versetzte. Andererseits die deutsche Politik in Zugzwang brachte und zu vorschnellen Reaktionen verleitete.
In der Türkei brodelte bereits im April die Gerüchteküche, wonach Deutschland bis zu 1,5 Millionen Fachkräfte aus der Türkei aufnehmen wolle. Es wurden Gehälter von 4.000 bis 5.000 Euro gehandelt. Die Forderung nach einem Mindestschulabschluß und Sprachniveau wurde gar auf das Grundschulniveau zurechtgestutzt. Man offerierte, dass für den Einsatz in Deutschland die deutsche Regierung staatlicherseits schnell und befristet Einreise- und Aufenthaltstitel und Arbeitserlaubnisse ausstellen werde; quasi im Vorbeigehen am deutschen Zoll.
Gehievte Personalvermittler in der Türkei nutzten derweil diese vorauseilenden Informationen geschickt aus, um so vielen Interessenten und Interessentinnen, so viel wie möglich Bargeld zu entlocken; mit der Offerte, in wenigen Tagen schon bald monatlich bis zu 5.000 Euro bei freier Logie und Kost zu verdienen. Sowas spricht sich natürlich schnell um, was zu einer Hysterie anwuchs.
Damit begann auch eine unsägliche Debatte darüber, wie schlimm es doch in der Türkei aufgrund des Jobmangels und der weitaus geringeren Vergütung sei. Bei bis zu 5.000 Euro, die man in Deutschland angeblich pro Monat erwirtschaften würde, ist die Reaktion eigentlich verständlich, nur nicht die ganze Wahrheit.
Die Wahrheit war, dass die Airlines und Flughafenbetreiber in Deutschland bei Betriebs- und Personalausgaben genauso knauserig sind wie türkische und bei einer Vermittlungsgebühr von 5.000 Euro pro Arbeitskraft, ganz schnell das Interesse verlieren.
Von den bis zu 5.000 Euro winkenden Gehältern und Löhnen, die man in der Türkei handelte, darüber hätten Airlines und Flughafenbetreiber in Deutschland herzlichst gelacht, aber woher sollten es die türkischen Hilfs- und Fachkräfte auch wissen, dass das hochgegriffen war und keineswegs stimmen konnte? Waren sich diese Abenteurer eigentlich bewusst, dass der Job für wenige Wochen befristet war und danach die Fach- und Hilfskräfte auch ganz schnell wieder in ihre Heimat abgeschoben werden?
Die Warnungen der hiesigen Türken und Deutschtürken, trübte die Aussichten in der Türkei keineswegs. Dort machte sich gar Ärger darüber breit, weshalb Landsleute in Deutschland ihnen diese einmalige Chance nicht gönnen würden, innerhalb weniger Monate Haus, Hof, Auto und wenn möglich drei IPhones und eine Yacht das Eigen zu nennen.
Perfekt wurde die falsche Lunte aber erst, als die Bundesregierung, angestachelt von den Hiobsbotschaften der deutschen Flughäfen, begann, erste konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Man gab an, schnell und unbürokratisch Einreise- und Aufenthaltstitel mit Arbeitserlaubnissen beisteuern zu wollen. Das entging den vielen Interessenten und Interessentinnen natürlich auch nicht; können sie doch alle mindestens die sprachliche Niveaustufe B1.
Das "Nayn, nayn, tzu toyer!" der deutschen Airlines und Flughafenbetreiber, das war eben dann doch über der Niveaustufe B1, weshalb noch eine ganze Menge von jenen, die daran felsenfest glaubten in Deutschland Millionen zu scheffeln, den Glauben daran immer noch nicht verloren haben. Noch suchen Hunderte die vielen Personalvermittler in der Türkei auf und hoffen, das große Los gezogen zu haben. Spätestens mit dem Ende der Feriensaison, wird das große Erwachen wieder ein Thema sein; weshalb denn die Landsleute in Deutschland nicht davor gewarnt hätten.