9. August 1972: Wütender Mob tobt in türkischen Wohnheimen

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Am 9. August 1972 griffen Hunderte aufgebrachte Rotterdammer im Stadtviertel Afrikaanderwijk eine Pension an. Dabei wurden die Räume zum Teil zerstört oder die Möbel auf die Straße geworfen. Mehrere türkische Gastarbeiter wurden bei den Übergriffen verletzt.

Die wenigen Polizisten, die versuchten, die Ordnung wiederherzustellen, schossen in der Not in die Luft, aber das half kaum. Ein paar Stunden später, nach dem sich die Nachricht über den Übergriff in Rotterdam landesweit verbreitet hatte, stießen Rechtsextreme aus allen Ecken der Niederlande hinzu.

Ziel war wieder ein Wohnheim, dessen Eigentümer, ein Türke, zusammen mit weiteren Gastarbeitern daraufhin die Flucht auf das Dach antrat und von dort aus sich zu verteidigen versuchte. Die Polizei tat wieder nicht viel, hinderte gar türkische Gastarbeiter gewaltsam daran, sich gegen die gewalttätigen Rechtsextremisten zur Wehr zu setzen.

„Da gab es keinen Anfang. Hätten wir damals gehandelt, hätte das zu viel größeren Schwierigkeiten geführt. Wir reden lieber und versuchen, die Sache so weit wie möglich zu beruhigen.“

Damaliger Polizeichef  von Rotterdam (Brook) am 11. August 1972 gegenüber der Telegraph.

Später am Abend des 10. August wurde eine zweite Pension gestürmt. Auch hier wurde erheblicher Schaden angerichtet, wurden Fahrzeuge umgeworfen und in Brand gesteckt. Ein zurückgebliebener türkischer Gastarbeiter musste von der Polizei aus der Pension gerettet werden.

Auch eine türkische Bar und die Fenster eines marokkanischen Metzgers wurden eingeschlagen, Inventar zerstört. Türkische Familien, die im Umkreis in Häusern oder Wohnungen lebten, verließen daraufhin fluchtartig die Ortschaft. In zwei Gebäuden hingen Flugblätter mit der Aufschrift „Nur an Holländer vermieten“ und in der Paarl Street wurden Plakate an den Straßennamensschildern mit „Dutch Street“ aufgehängt. Die Unruhen dauerten mehrere Tage an.