Zum Teil leben die Täter weiterhin unter uns: in der Türkei wie auch in Europa, insbesondere in Deutschland. Vor 30 Jahren starben bei einem Brandanschlag in einem Hotel in der türkischen Stadt Sivas 33 Menschen alevitischen Glaubens. Eines von vielen dunklen Flecken, Massakern, Morden und Massentötungen in der Türkei, allein im Jahre 1993.
Vielleicht lernen wir endlich, dass es nur eine einzige Türkei gibt, in der Vielfalt von Kulturen und Konfessionen friedlich zusammenleben können, dass die Türkei an einer der unruhigsten geopolitischen Nahtstellen der Welt sitzt und Teile der Gesellschaft noch immer für sehr vieles Empfänglich ist. In Erinnerung und Gedenken an die 374 Opfer - an die Bilanz, allein für das Jahr 1993*:
- Uğur Mumcu, Kolumnist und Autor, wird am 24. Januar 1993 in Ankara bei einem Autobombenanschlag getötet. Zuvor hatte Mumcu am 7. Januar 1993 einen Artikel unter dem Titel "Mossad und die Barzanis" sowie am 8. Januar 1993 einen weiteren Artikel unter dem Titel "Ultimatum" veröffentlicht, in der es um ausländische Nachrichtendienste sowie deren Verbindungen zu völkisch-kurdischen Nationalisten ging.
- Eşref Turgut Bitlis, Viersterne-General der Gendarmerie, stirbt am 17 Februar 1993 zusammen mit 4 weiteren Offizieren bei einem Flugzeugabsturz. Die Ursache des Absturzes wird nie zweifelsfrei festgestellt. Wenige Monate zuvor hatte Bitlis den türkischen Ministerpräsidenten Turgut Özal eindringlich davor gewarnt, im Nordirak angesichts der US-amerikanischen Präsenz nicht untätig zu bleiben und ein begrenztes militärisches Kontingent zu entsenden, damit die Waffenlieferungen an die PKK unterbunden werden.
- Turgut Özal stirbt am 17. April 1993 in Ankara. Özal war Staats- und Ministerpräsident der Türkei, die Todesumstände sind bis heute nicht zweifelsfrei bewiesen.
- Das Massaker von Bingol am 24. Mai 1993 fordert das Leben von 33 Wehrpflichtigen. Die Wehrpflichtigen waren mit zivilen Bussen von Malatya aufgebrochen und sollten in Bingöl ihren Wehrdienst antreten. Auf der Landstraße Elazığ-Bingöl werden die Busse von der Terrororganisation PKK gestoppt, die Wehrpflichtigen aus den Bussen getrieben, 36 davon entführt. Noch in der selben Nacht werden 33 der entführten Wehrpflichtigen getötet.
- 4. Juni 1993 - PKK-Terroristen überfallen am 4. Juni 1993 Dörfer in Hakkari und Bingöl. Bei den Angriffen werden sieben Menschen getötet und drei Frauen entführt.
- Die PKK attackiert am 15. Juni 1993 mit Raketenwerfern das Dorf Üçpınar im Bezirk Ilıcalar der Provinz Bingöl und das Dorf Gözlüce im Bezirk Şirvan der Provinz Siirt. Bei dem bewaffneten Angriff werden neun Menschen getötet und vier entführt. Am selben Tag wird auf der Autobahn Siirt–Eruh ein Beamter vom Sozialministerium erschossen.
- Am 30. Juni 1993 verübt die Terrororganisation PKK in Van gegen das Hotel Yenigün einen Brandanschlag. Dabei sterben 11 Menschen, 27 Personen werden zum Teil schwer verletzt.
- Beim Brandanschlag von Sivas am 2. Juli 1993 werden 35 Menschen getötet, die beim alevitischen Festival einer Lesung beiwohnten. Immer noch sind zahlreiche Verurteilte auf der Flucht, wobei sich vereinzelte Tatbeteiligte trotz Auslieferungsersuchen der Türkei, u. a. in Deutschland aufhalten.
- Am 5. Juli 1993 werden beim Massaker von Başbağlar in der Provinz Erzincan 33 Menschen des Dorfes Başbağlar von der Terrororganisation PKK regelrecht hingerichtet.
- 18. Juli 1993 – Bei einem bewaffneten Angriff der PKK auf der Sündüzlü-Hochebene im Bezirk Bahçesaray in Van am 18. Juni 1993 werden 24 Menschen getötet und eine Person verletzt.
- 4. August 1993 – Eine Gruppe von PKK-Mitgliedern blockiert am 4. August 1993 die Straße zwischen den Dörfern Yenidoğan und Kavakbaşı im Bezirk Mutki in der Provinz Bitlis. Sie stoppten zwei Kleinbusse und erschießen 15 Menschen. 13 weitere werden bei dem Angriff verletzt.
- PKK-Terroristen überfallen einen Kleinbus in der Nähe des Genç-Viertels von Bingöl. Bei dem Angriff werden am 10. August 1993 acht Insassen getötet und zehn verletzt.
- Beim Massaker von Digor in der Provinz Kars am 14. August 1993 werden 17 Menschen getötet, mehr als 60 verletzt. Eine Gruppe von Demonstranten wurde von einer Sondereinheit der Polizei ohne Vorwarnung beschossen. Erst nach Einschreiten des Landrats und eines Gendarmerie-Hauptmanns wurde der Beschuss der Gruppe beendet.
- Beim Terrorangriff der PKK mit rund 200 Terroristen auf die in Yüksekova stationierte 3. Infanteriebrigade, Gendarmeriestation sowie der Polizeistation wird in der Nacht vom 15. auf den 16. August 1993 ein Zivilist getötet.
- PKK-Mitglieder töten am 30. September 1993 vier Frauen und zwei Kinder, und einen Mann aus einer Dorfwächterfamilie und verletzten drei Menschen bei einem Überfall auf den Weiler Şerıka des Dorfes Beşkonak im Bezirk Kozluk von Batman.
- 26 Menschen werden am 4. Oktober 1993 getötet und 4 verletzt, als ein Kleinbus auf einer Dorfstraße im Bezirk Midyat in der Provinz Mardin auf eine von PKK-Kämpfern gelegte Panzermine fahren.
- Bei einem bewaffneten Angriff von PKK-Terroristen auf das Dorf Deltepe im Bezirk Şirvan der Provinz Siirt, am 4. Oktober 1993, werden 33 Menschen getötet und 10 verletzt.
- PKK-Terroristen attackieren am 5. Oktober 1993 verschiedene Dörfer und Weiler in Hakkari, Siirt und Batman. 22 Häuser werden in Brand gesteckt. 35 Menschen, darunter Frauen und Kinder, werden getötet, zehn Menschen verletzt.
- PKK-Terroristen überfallen am 21. Oktober 1993 das Dorf Derince. Bei dem bewaffneten Angriff werden 24 Menschen getötet und 7 verletzt.
- Beim Massaker der Terrororganisation PKK im Dorf Yavi in der Provinz Erzurum, werden am 25. Oktober 1993 38 Menschen getötet, mehr als 50 verletzt.
- Eine Gruppe von PKK-Terroristen überfällt am 30. Oktober 1993 das Dorf Çiçekli in Pasinler in der Provinz Erzurum. Sechs Menschen werden getötet und 13 verletzt, fünf davon schwer.
- 23 Studenten werden am 29. Dezember 1993 bei zwei zeitnahen Bombenexplosionen verletzt, die von PKK-Terroristen in der Cafeteria der medizinischen Fakultät der Dicle-Universität in Diyarbakir deponiert wurden.
*) Die Liste ist unvollständig und gibt nur die wichtigsten Ereignisse wieder. Die Bilanz der Todesopfer liegt weitaus höher.