Türkei: Regierung reagiert mit weiteren Sofortmaßnahmen

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Die türkische Regierung hat ein Sonderprogramm auf den Weg gebracht, mit dem kleine und mittelständische Unternehmen in der Türkei unterstützt werden sollen. Außerdem sollen über 6 Millionen Privatschuldner mit niedrigem Einkommen noch im September von der Restschuld befreit werden. Ein Programm für den sozialen Wohnungsbau spricht Geringverdiener an.

Mit der Corona-Pandemie begann auch in der Türkei ein Arbeitnehmerschwund vor allem in der Tourismusbranche, der Metallindustrie und dem Handwerk. Trotz steigender Wirtschaftszahlen leiden kleine und mittelständische Unternehmen unter einem Fachkräftemangel.

Sonderprogramm als Sofortmaßnahme für den Fachkräftemangel

Mit dem Sonderprogramm der türkischen Regierung sollen vor allem Kleinunternehmen unterstützt werden, die mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen haben. Dabei richtet sich das Hauptaugenmerk auf aussterbende Berufe wie Steinmetz, Kupferschmied oder Sattler, die traditionell behaftet sind.

Auch der Mittelstand sucht händeringend nach Fachkräften, vor allem Facharbeiter wie Maschinen- und Anlagenführer, Elektroniker, Mechatroniker sowie Industrie- und Zerspanungsmechaniker. Im Akademikerbereich suchen türkische Rüstungsfirmen zudem Ingenieure und Softwareentwickler, aber auch Projektmanager und Controller.

Das Kultus- und Tourismusministerium hat in Zusammenarbeit mit dem Industrie- und Technologieministerium daher ein Sonderprogramm erarbeitet, die ab Mittwoch greift. Kleine und mittelständische Unternehmen können über den Klein-Mittelstandsverband KOSGEB ab Mittwoch einen Antrag auf Gewährung einer Hilfe von bis zu 14.000 Euro stellen, die nicht zurückgezahlt werden muss.

Privatschuldner sollen entlastet werden

Der türkische Oppositionspolitiker Kemal Kılıçdaroğlu (CHP) hatte Ende August Privatschuldner dazu aufgerufen, aufgrund der steigenden Inflation ihre Raten nicht mehr zu bedienen. Kılıçdaroğlu betonte, mit den „Inkassounternehmen“ selbst sprechen zu wollen und forderte die Privatschuldner auf, keine Lira mehr zu zahlen. Das sorgte in der Türkei für Gesprächsstoff.

Kurz darauf erklärte Finanzminister Nureddin Nebati, dahingehend eine Lösung zu erarbeiten, die die Privatschuldner entlaste. Man müsse sich noch etwas gedulden, erklärte Nebati kurz nach der Erklärung von Kılıçdaroğlu.

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge soll das Notfallprogramm ein Gesamtvolumen von rund 1,7 Milliarden Euro haben. Damit sollen in einem ersten Schritt über 5 Millionen Familien entlastet werden, die sich mit max. 2.000 türkischen Lira verschuldet und Schwierigkeiten haben, die Raten zu bedienen. Dabei geht es vor allem darum, Schuldtitel über unbezahlte Strom- oder Telefonabonnements aufzuheben, mit der Gerichtsvollzieher beauftragt werden, die Schulden einzutreiben.

In einer zweiten Phase sollen rund 1 Millionen Privatschuldner in den Genuss kommen, von der geforderten Hauptsumme bis max. 2.500 TL befreit zu werden. Inkassounternehmen, die von Privatschuldner diese Schulden inkl. Umkosten und Zinsen eintreiben wollen, sollen vom Notfallprogramm bedient werden und die Restschuld als Ausgabe deklarieren. So sollen die Schuldtitel von über 1 Millionen Personen bereinigt werden.

Sozialer Wohnungsbau für Geringverdiener

Finanzminister Nureddin Nebati und Murat Kurum, Minister für Umwelt und Stadtplanung der Türkei, erklärten am vergangenen Dienstag, das größte Sozialwohnungsprogramm der Türkei Mitte September vorzustellen. Bereits jetzt können aber Anträge eingereicht werden.

Bei diesem Programm sollen vor allem Familien mit einem Gesamteinkommen von weniger als 14.000 türkischer Lira (Provinz Istanbul 16.000 TL) bevorzugt werden. Der Kredit für den Kauf der Sozialwohnung soll mit einer Rate von rund 30 Prozent des Gesamteinkommens (4.800 - 9.600 TL) innerhalb von 240 Monaten abbezahlt werden können.

Für junge Familien bis zu einem Alter von 30 Jahren hat das TOKI-Programm, so heißt das Sozialwohnungsbauprogramm der Regierung auch, rund 20 Prozent des Volumens reserviert. Das Programm wird landesweit angeboten. Dabei sollen rund 100.000 Sozialwohnungen entstehen, die klimafreundlich und nachhaltig gebaut werden sollen. Laut Murat Kurum soll vor allem der Klima- sowie der Umweltschutz im Vordergrund stehen.

Das gesamte Programm an Sofortmaßnahmen will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am 13. September vorstellen.