Mit Donald Trump hat zum ersten Mal in der Geschichte der US-Demokratie ein Präsident das Ergebnis einer Präsidentschaftswahl nicht anerkannt, sondern die Wahl als „manipuliert“ und „gestohlen“ bezeichnet. Nun adaptiert die französische Zeitschrift Courrier International dieses berühmte Trump-Argument, um es der türkischen Opposition unter die Nase zu reiben.
Der Masterplan
Die Nachrichtenagentur Reuters suchte Ende vergangenen Jahres mit einer Stellenanzeige einen neuen Büroleiter - Kammerdiener - für die Türkei. Einen mit einem spitzen Stift, der fähig ist Recep Tayyip Erdoğan frontal anzugreifen. Offenbar darf Erdoğan nicht mehr wiedergewählt werden, ist ja in den Augen von Reuters schuldig.
Sein Verbrechen ist Reuters Stellenausschreibung zufolge eindeutig: „Erdoğan hat die Türkei in eine aggressive diplomatische und militärische Politik verwickelt, die sich vom Südkaukasus bis nach Nordafrika erstreckt.“ Das sitzt!
Nur wenige Wochen später stimmte das US-amerikanische Magazin Foreign Policy im Chor der glorreichen Werteverteidiger des Westens mit ein: „Vorsicht, wenn die sechs Oppositionsparteien ihren Kandidaten [gegen Erdoğan für die Präsidentschaftswahlen im Frühjahr] verzögern, könnte dies der AKP zugutekommen.“
Diese Woche blies ins selbe Horn das Magazin STERN und zeichnete ein düsteres Bild, in der Erdoğan für den Machterhalt skrupellos Konflikte im Land selbst wie auch in Syrien schüre.
Man kann die Nervosität des Westens förmlich riechen
Von Nervosität angetrieben, warnen im Wochentakt westliche Medien vor einem glorreichen Sieg Erdoğans, wenn das türkische Oppositionsbündnis - der 6´er Tisch - nicht bald in die Pötte kommt und Oppositions-Wahlkampf betreibt. Doch auf einen Spitzenkandidaten gegen Erdoğan müssen die Damen und Herren vermutlich bis zum 13. Februar warten; wohl auch darüber hinaus, weil aus der Erklärung des Oppositionschefs der CHP, Kemal Kılıçdaroğlu, das auch nicht ganz hervorgeht.
Erneut lässt das Oppositionsbündnis also einen Termin zur Benennung eines Präsidentschafts-Kandidaten streichen; und auch jetzt wird der neuerliche Termin von einem Abgeordneten der IYI Partei in Abrede gestellt.
Da bleibt dem Wertewesten nicht mehr viel übrig, als zu einer altbekannten Taktik zurückzugreifen, um der Opposition unter die Arme zu greifen. Dem Trump'schen Argument, der besagt, dass die Wahl, wenn es schon verloren gegangen ist, eben „manipuliert“ oder „gestohlen“ worden ist. Die französische Zeitschrift Courrier International greift darauf beherzt zurück und erklärt in ihrem jüngsten Artikel im abschließenden Resümee: „Die Lösung der AKP zur Aufrechterhaltung ihres Ein-Mann-Regimes wird sein, Wahlen zu manipulieren.“