Çavuşoğlu will Nordzypern aufrüsten

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Der anhaltenden Aufrüstung Griechenlands und der jüngsten Entscheidung, die Sanktionen gegen Südzypern aufzuheben, will die Türkei nicht länger zuschauen.

Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu kündigte am Donnerstag an, die Türkische Republik Nordzypern aufzurüsten und jede erdenkliche Unterstützung zu leisten. Çavuşoğlu zufolge wollen man damit türkische Zyprioten schützen.

Die Eskalation in der Ägäis und im östlichen Mittelmeer hat eine neue Stufe erreicht. Ankara reagiert entschlossen und unmissverständlich, denn:

Die USA haben das Waffenembargo gegen Südzypern aufgehoben. Sie verschenkten gepanzerte Fahrzeuge an Griechenland, die dann auf vorgelagerten griechischen Inseln entlang der türkischen Küste auf Lesbos und Samos positioniert wurden.

Dabei sprach der Sprecher des Außenministeriums der USA, Ned Price, am Donnerstag von einem souveränen Recht Griechenlands. Price wendete dieselbe Sprache wie sein griechischer Amtskollege Nikos Dendias oder die der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock an.

Am Donnerstag entging während der Pressekonferenz in Washington den türkischen Pressevertretern nicht, dass Ned Price zuletzt von eigenen US-amerikanischen Interessen sprach. Sprich, weder die türkischen, geschweige denn die griechischen Interessen, sind hier Maßstab Washingtons.

Washington verfolgt offensichtlich eigene Ziele, die mit den beiden Ländern zunächst nichts gemein haben, aber deren gegenseitige Beziehungen aufgrund des Gebarens gegenüber der Türkei vergiftet. Derart, dass Ankara als Reaktion auf die Stationierung von 23 gepanzerten Fahrzeugen auf Lesbos und 18 weiteren auf Samos sowie der Sanktionsaufhebung gegenüber Südzypern, beschlossen hat, Nordzypern militärisch aufzurüsten.

Washington will offensichtlich die Lieferketten Russlands nachhaltig stören. Griechenland fungiert dabei als williger Helfer, dem Waffen und Geld zur Verfügung gestellt werden. Auch Südzypern hat sich bereit erklärt, sich dem Willen der USA zu beugen, um im Gegenzug von den Sanktionen befreit zu werden.

Beide Länder sollen Russland nicht mehr als Anlaufpunkt dienen; weder für Schiffe, noch für Flugzeuge. Russland wäre damit vom Handel mit der EU abgeschnitten. Russische Schiffe könnten nicht einmal mehr zur Reparatur in griechischen Gewässern ankern, geschweige denn ihre Ladung löschen. Und, russisches Gas oder Öl soll auch nicht über Land die EU erreichen, weshalb sich das Pentagon insbesondere in Alexandroupoli niedergelassen hat; dem ultimativen Schnittpunkt zwischen Asien, Europa und dem Thrakischen Meer, einem Nebenmeer der Ägäis.

Ankara hat, wenn man all das in Betracht zieht, die US-Interessen offensichtlich nicht vollumfänglich unterstützt. Sie will mit der Eskalationspolitik der USA gegen Russland nicht vollumfänglich kooperieren, was die ureigenen Interessen der Türkischen Republik widerspiegelt.

Deshalb gibt es keine US-amerikanischen F-35 für Ankara. Deshalb wird sogar über die Modernisierung der vorhandenen türkischen F-16-Staffeln langwierig gefeilscht, gedroht und sanktioniert; ein Ende ist nicht absehbar.

Auf der anderen Seite bekommt Griechenland die volle Aufmerksamkeit der USA; da sie pariert. Aber wenn man an der sprichwörtlichen Leine hängt, wird damit auch die Kehrseite des Gemüts offengelegt. Griechenland ist lauter geworden, wirkt übermütig, scheint sich in der neuen Rolle zu gefallen.

Für die Türkei ist aber Griechenland kein ebenbürtiger Gesprächspartner; was der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan nun oft genug betont hat. Ankara sieht die USA als entscheidenden Multiplikator dieser Krise, die in der Ägäis wie auch im östlichen Mittelmeer innerhalb weniger Monate eine neue Qualität angenommen hat.

Ankara wird daher nicht zögern, weiteres lautes Geplänkel entsprechend zu begegnen. Was das zu bedeuten hat, kann derzeit niemand vorhersagen. Diese sogenannte Ägäis-Krise hat aber die Sprengkraft eines Konflikts, dessen Ausmaß niemand ermessen kann.