Angriff auf Zakho - Ankara fordert "Terrorismus" heraus

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Ankara - In einem Kommentar hat der regierungskritische Journalist und Chefredakteur der englischsprachigen Tageszeitung Hürriyet Daily News, Murat Yetkin, auf den Zeitpunkt des Angriffs auf Zivilisten in der nordirakischen Provinz Dohuk aufmerksam gemacht. Bei dem Angriff wurden laut bisherigen Meldungen mindestens acht Zivilisten getötet.

Hierzu Murat Yetkin:

"Der Zeitpunkt des Anschlags ist bezeichnend. Am Tag zuvor traf sich Präsident Tayyip Erdoğan mit dem iranischen Präsidenten Ibrahim Reisi und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Teheran zu den Astana-Gesprächen, deren offizielles Ziel Syrien ist. Er traf sich auch mit dem iranischen Obersten Führer Ali Chamenei in Teheran, und wie die beiden anderen Staatsoberhäupter konnte er von Chamenei keine Unterstützung für eine Militäroperation auf syrischem Territorium erhalten; im Gegenteil, ihm wurde geraten, sich mit dem syrischen Regime zu treffen. In diesem Zusammenhang ist auch die politische Erklärung von Sadr, dem religiösen Führer der irakischen Schiiten, bemerkenswert, in der er die Türkei auf ungewöhnliche Weise verurteilt."

Auf dem Rückflug in die Türkei richtete Erdoğan seine Frustration an die USA und sagte offen, dass sich die USA aus dem Gebiet östlich des Euphrat in Syrien zurückziehen sollten und dass die Unterstützung für die PKK von den USA komme. Er fügte hinzu, dass die Syrien-Operation auf der Tagesordnung stehe und auf der Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates am 21. Juli erörtert werde, solange es ein Terrorproblem gebe.

US-Präsident Joe Biden teilte bereits mit, dass er Erdoğan während der Madrider Gespräche am 28. Juni auf die Bedeutung der Erhaltung der Stabilität in der Ägäis und Syrien hingewiesen habe. Erdoğan hatte jedoch bereits am 23. Mai eine mögliche Operation angedeutet, die auch am 26. Mai im NSC diskutiert wurde. Um die türkische Strategie der "Verhinderung des Terrorismus an der Quelle" umzusetzen, würde Erdogan keine Rücksicht darauf nehmen, was die USA, Russland, der Iran und vor allem die syrische Regierung, die das Einsatzgebiet ist, sagen.

Satellitenbilder

In seinem Kommentar wies Yetkin zur Untersuchung des Anschlags auch auf Sattelitenbilder hin.

"Es gibt nicht nur türkische Drohnen in der Region. Drohnen, auch die der USA und des Iran, kreisen dort. Es gibt auch Satelliten, die das Gebiet überblicken. Es gibt nicht nur den TürkSat-Beobachtungssatelliten. Seit Jahrzehnten beobachten die USA, Russland, Israel, der Iran sowie britische, französische und chinesische Satelliten die Region von oben. Wenn der türkische Außenminister (Mevlüt) Çavuşoğlu eine gemeinsame Untersuchung fordert, bedeutet das, dass Ankara den Bildern vertraut, die ihnen vorliegen", so Yetkin.

Analyst Mete Yarar: Die Geschehnisse müssen umfassend bewertet werden

So erklärte auch Mete Yarar, Analyst für nationale Sicherheit, dass die Geschehnisse umfassend bewertet werden müssten.

Das trilaterale Treffen in Teheran, die militärischen Operationen im Nordirak sowie in Nordsyrien, die angekündigte Offensive gegen die Terrororganisation PKK in den von Russland, dem Iran und den USA kontrollierten syrischen Gebieten, dass alles müsse in die Bewertung mit einfließen.

Laut Yarar habe die Türkei bei dem Treffen einen bestimmteren Ton gefahren als sonst. Ankara setze alles daran, dem Terrorismus in der Region die Existenzgrundlage zu entziehen, was manchen Akteuren offensichtlich Kopfschmerzen bereite. Das könne die Türkei, weil ihre militärischen Fähigkeiten das erlauben würden.

Die zuletzt ins All geschossenen Spionagesatelliten, die bewaffneten wie unbewaffneten Drohnen, vor allem aber die nachrichtendienstlichen Aktivitäten und die militärische Präsenz in der Provinz Dohuk stören viele andere Aktivitäten und durchkreuzen anderweitige Pläne. Ankara habe das Ziel, so Yarar, die Region mit allen Mitteln von Terroristen zu befreien und damit die Region zu stabilisieren. Das störe offensichtlich andere Akteure in dieser Unruheregion.

Karaburan/Yücel