Die Untergangsszenarien, die öffentlich-rechtliche Sender Deutschlands, in Bezug zur Türkei zeichnen, sind Wunschdenken oder der Versuch, die Wähler geschickt zu manipulieren. Freie Länder sind aber stärker als jahrelange Schwarzmalerei von Hofberichterstattern.
Es ist doch recht seltsam. Die eigenen Gesetze offenbaren die Verquickung von öffentlich-rechtlichen Sendern (ÖRR) und dem deutschen Staat selbst. Ob nun auf YouTube oder sozialen Netzwerken, ÖRR werden seit der Gesetzesnovelle auf allen Kanälen als Teil des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks gekennzeichnet.
Diese ÖRR sprechen dabei nicht nur Deutsche an, sondern auch ein Großteil der Welt. Oder wieso bietet u. a. die Deutsche Welle (DW) in über 32 Sprachen weltweit ihre Programme an, darunter in türkisch?
Der Schwerpunkt der Programme der Deutschen Welle, und das hat sich in den letzten Jahren massiv verlagert, zielt darauf ab, die Innenpolitik eines anderen Landes im schlechten Licht erscheinen zu lassen. Von einem möglichst objektiven oder ausgewogenen Journalismus ist man längst weg.
Das heißt, die DW, die damit beauftragt ist, die Außenpolitik Deutschlands im sonnigen Licht erscheinen zu lassen, ist dazu übergegangen, die Innen- oder Außenpolitik der ausländischen Regierungen schlecht dastehen zu lassen. Deshalb werden seit Jahren die Redaktionen der einzelnen Sparten aufgestockt, sie arbeiten inzwischen rund um die Uhr, wie Peter Limbourg, der Intendant der Deutschen Welle (DW) vor einigen Jahren erklärte.
Das macht sich auch bei den Bürgern bemerkbar, die immer mehr Rundfunkbeiträge zahlen müssen. Waren es 2015 noch 17,50 Euro, so sind es mittlerweile 18,36 Euro im Monat. Die DW wiederum wird über den Bundeshaushalt über Steuergelder finanziert, die mit dem Kanzleramt bzw. dem Kanzler eingeplant wird.
Und wofür werden nun die Rundfunkbeiträge und Steuergelder von den ÖRR verwendet? Sie sollen die Menschen im In- wie Ausland, wohlgemerkt nicht nur die eigenen Bürger, über ausländische Regierungen, deren wirtschaftliche Situation, deren geopolitischen Entscheidungen und Missstände sowie angebliche Skandale informieren. Da fragt man sich glatt, ob die Menschen vor Ort nicht selbst erkennen können, was denn im eigenen Land vor sich geht.
Soft Power
Peter Limbourg, der Intendant der DW, beschrieb es in einem Satz sehr schön, was man damit eigentlich beabsichtige. Man wolle stärker präsent sein als zuvor, viel mehr Programme anbieten, die Länder mit mehr Informationen fluten. Wer aber Informationen en masse anbietet, will im Grunde Macht ausüben, auch mit subtilen Mitteln. Und wenn, entgegen der offiziellen Erklärungen der ÖRR, nicht Angebote für Toleranz, Verständnis und Menschenrechte die Programmvielfalt abbilden, sondern vielmehr ausländische Regierungen subtil ins schlechte Licht gerückt werden, dann müssten spätestens jetzt die Alarmglocken läuten.
Müllsammler der Türkei
Aber die „Soft Power“ wird inzwischen nicht nur im Ausland zum Beispiel über die DW Türkce angewendet, sondern auch im Inland. Man fragt sich z. B., weshalb das Internetportal der Deutschen Welle, die Qantara.de, eine Kurzdoku der DW über die Istanbuler Müllsammler teilt, um auf deren schwierige Situation aufmerksam zu machen. Führt die Qantara ihren Dialog mit der islamischen Welt etwa über die Müllsammler in der krisengeschüttelten Türkei fort?
Während die Müllsammler seit Jahrzehnten ihre Existenz mit Müll sichern, erfreuen sich Liebhaber des iPhone am neuen iPhone 14, den sie zu einem stolzen Preis und mit stundenlangem Warten endlich verdient haben. Mittlerweile gibt es die Pro-Serie nur mit entsprechenden Wartezeiten von bis zu 8 Wochen. Was sagt das uns über die Existenzängste in der Türkei? Die gibt es, und es gibt die andere Seite der Medaille, wo zahlreiche Menschen sich trotz der hohen Inflation das teuerste Handy kaufen, dass es auf dem türkischen Markt derzeit gibt.
Das heißt, es gibt überall Verlierer und Gewinner, nicht nur in der Türkei, sondern in den USA, in Deutschland oder in Papua-Neuguinea. Vor allem dann, wenn eine weltweite Pandemie oder ein Krieg die Weltwirtschaft in die Krise stürzt.
Offensichtlich haben die ÖRR die weltweite Krise noch nicht wahrgenommen, die seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie nicht nur die Schwellenländer hart trifft, sondern inzwischen auch die Industrieländer auf die harte Probe stellt. Zudem kommt jetzt noch der Ukraine-Konflikt hinzu, die insbesondere die Industrieländer zum Handeln zwingt, weil davon schlicht ihre eigene Existenz abhängt.
Taverne darf nicht mehr Taverne heißen
Über die Existenzängste anderer berichtete jüngst wieder Qantara, in dem sie einen Artikel der DW von 2021 teilte, die auch von ARTE ausgestrahlt wurde. Dabei ging es um die berüchtigte Islamisierung der Türkei, die sich in Form von Alkohol- und Vergnügungsverboten bemerkbar mache; so jedenfalls die Intention der Berichterstattung. Was Qantara mit der Neuauflage des angeblichen Tavernen-Verbots bezwecken wollte, steht in den Sternen, zumal die besagten Tavernen bzw. auf Türkisch Meyhane, weiterhin so heißen wie zuvor.
Nur weil man darüber nachdenke, den mit Alkohol behafteten Begriff Meyhane, aufgrund der Alkohol- und Drogensuchtprobleme im Land, zu ändern, heißt es doch nicht, dass die Türkei islamisiert wird. Genauso wenig schmeckt der Döner Kebab nicht anders, weil es nun in manchen Bundesländern Fleischdrehspieß heißen muss, wenn die Zusammensetzung etwas anders ist als der eigentlich bekannte Döner Kebab. Und deshalb haben die Döner- oder Fleischdrehspieß-Verkäufer aus Existenzängsten heraus ja auch nicht Alarm geläutet und dabei von einer Christianisierung ihrer Dönerbuden gewarnt? Weshalb teilte dann ein Arm der DW diesen Bericht, der bereits über ein Jahr zurückliegt?
Türken sind einiges gewohnt
Die Türkei, die ja laut deutschen Mainstreammedien und ÖRR spätestens seit 2013 auf der ökonomischen Kippe steht und sich, oh Wunder, seitdem dennoch wacker schlägt, wird auch diese Krise meistern, wie Europa die bald zweistelligen Inflationsraten irgendwann auch überwinden wird; fragt sich nur, unter welchen politischen Zeichen des Wandels.
Denn, während die Türkei dabei ist, sich trotz hoher Inflationsraten wirtschaftlich neu zu entdecken, steht die Europäische Union erst noch vor unzähligen Problemen, für die sie derzeit keine Antworten parat hat. Sucht man daher anderswo nach Antworten oder will vielmehr das Land negativ ins Licht rücken, um hiesige Türken und Deutschtürken politisch zu manipulieren?
Es ist doch geradezu lächerlich, wenn sich deutsche Mainstreammedien und ÖRR über die neuerliche Zinssenkung der türkischen Notenbank echauffieren, als wäre es ihre eigene Währung und dabei von einem "Zins-Harakiri" sprechen oder behaupten, die türkische Lira stehe erneut unter Druck und falle rasant. Dabei muss man doch nur die Google-Suchmaschine anschmeißen, um zu erkennen, dass die türkische Lira sich gegenüber dem Euro seit längerem stabilisiert hat und seit gestern wieder leicht an Wert gewinnt – just mit der Zinssenkung der türkischen Zentralbank.
Die Türkei wird nicht untergehen, nur weil man in deutschen Redaktionsstuben dafür einen guten Riecher hat; dann hätten sie ihre eigene Krise ja längst gerochen und vor der anstehenden russischen Invasion gewarnt. Nicht einmal das hat man erahnt, will aber seit Jahren die Türkei an die Wand gefahren sehen. Nun, die Türkei ist kein Pappkamerad, das man nach der Weltfinanzkrise von 2007 mit Milliarden wieder aufpäppeln muss, wie andere südeuropäische Staaten, und somit Zombies hält, die längst hätten abgewickelt werden müssen.
Die Türkei hat die Weltfinanzkrise frühzeitig erkannt und gegengesteuert, während andere Industrieländer kurz davor waren, sich selbst abzuwickeln. Insofern sind die Schwarzmaler angehalten, sich zunächst auf das eigene Metier zu konzentrieren, statt andere subtil zu warnen, es gehe mit ihnen bergab, wenn sie nicht die Regierung abwählen, um das zu verhindern.