Türkei und die SCO - Roth am Ende der Fahnenstange

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Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth (SPD) hat die Türkei davor gewarnt, der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) beizutreten. Dabei wirken die Drohungen der deutschen oder europäischen Politiker längst nicht mehr, weil das Ende der Fahnenstange längst erreicht ist.

Laut dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth, wäre eine türkische Mitgliedschaft eine klare Abkehr des Landes vom Sicherheitsbündnis NATO. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan wolle zwischen Asien und Europa die Türkei als eine Regionalmacht etablieren.

Letzteres ist ein natürliches und berechtigtes Interesse der Türkei, eine Regionalmacht zu werden. Deutschland will ja auch eine neue „Führungsrolle“ in der Weltordnung einnehmen, wie die Parteikollegin von Roth, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), in einer kürzlich abgehaltenen Grundsatzrede unterstrich. Deutschland will in der neuen Weltordnung ihren Platz, während die Türkei nicht einmal einen regionalen Platz einnehmen darf? Gehts noch?

Was der NATO-Mitgliedschaft der Türkei laut Roth diametral entgegenstehe, sei eine anvisierte Mitgliedschaft in der SCO. Die SCO beschäftigt sich aber mit der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten sowie Wirtschafts- und Handelsfragen und der Stabilität in der Region. Es geht vordergründig um eine Intensivierung der Beziehungen, nicht um ein Verteidigungsbündnis. Das sind türkische Interessen, die vor allem in regionalen Fragen der Sicherheit, der Wirtschaft und dem Handel dient. 

Übrigens hat die NATO die regionalen Interessen der Türkei selbst überstrapaziert. Vor allem deren Mitgliedsstaaten, die in Syrien, im Irak oder in Libyen diametral entgegenstehende Interessen vertraten und dabei sogar das Völkerrecht aushebelten. Die Türkei blieb ihrer Linie treu, während diese Mitglieder sich aufführten, also gebe es einen Ausverkauf ideeller Werte. Und das kuriose dabei ist, dass man dabei quasi z.B. in Libyen die Linie Russlands und deren Wagner-Gruppe folgte, die dort mit Generalissimus Chalifa Haftar wütete. Vielleicht sollte Roth den Kompass der NATO neu justieren, statt sich auf die Türkei zu versteifen?

Die Türkei ist seit Juni 2012 offiziell ein Dialogpartner der SCO. Seit 1952 ist die Türkei Mitglied der NATO. 1987 reichte die Türkei ein offizielles Beitrittsgesuch bei der Europäischen Union ein. 1999 wurde dem Land der Status eines Beitrittskandidaten verliehen. Die Beitrittsverhandlungen selbst begannen 2015, wurden jedoch 2016 eingefroren. Seitdem ist Stillstand, gibt es Warnungen, gar Drohungen, Androhung von Sanktionen oder den Stopp von Waffenlieferungen. Dann kommt Roth hiermit...

Mit ein Grund dafür ist das Wiederaufflammen des Ägäis-Streits mit Griechenland und Zypern, die von der EU-Kommission in einer allgemeinen Einschätzung als einer der Hauptgründe angeführt wird. Bislang hatte Deutschland unter der Bundeskanzlerin Angela Merkel eine neutrale Haltung eingenommen, um die Streitpunkte durch Verhandlungen beizulegen.

Mit der neuen Bundesregierung hat sich das zuungunsten der Türkei entwickelt. Mittlerweile bezieht Deutschland eine einseitige Haltung zu Gunsten Griechenlands und Zyperns ein, um ihrer neuen „Führungsrolle“ in der Weltordnung gerecht zu werden. Stimmts?!

Angesichts dieser diametral entgegenstehenden Interessen, die vor allem die Bundesregierung noch einmal befeuert, ist es kein Wunder, dass Ankara in der Region den Anschluss sucht, während man sie im Westen weiterhin hinhält und weiterhin stiefmütterlich behandelt.

Michael Roth sollte aufpassen, dass er selbst nicht ins Leere greift und sich zum Gespött macht, während er an der Fahnenstange aufsteigt, um ein Zeichen zu setzen.