Türkei: Özgür Özel setzt dummdreist auf Eskalation

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Der Vorsitzende der größten türkischen Oppositionspartei, der Republikanischen Volkspartei (CHP), Özgür Özel setzt im Land bewusst auf Eskalation - bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Ihm geht es dabei nur um eins: die amtierende Regierungskoalition zu diskreditieren und von den eigentlichen Problemen der Partei abzulenken.

Der Vorsitzende der größten türkischen Oppositionspartei, der Republikanischen Volkspartei (CHP), Özgür Özel, warf während einer Kundgebung in Manavgat der türkischen Polizei und Staatsanwaltschaft vor, den Baklava-Schachtel-Skandal inszeniert und gegen die Partei verwendet zu haben.

In seiner Rede am Freitag vor versammelter Bevölkerung der Gemeinde Manavgat in der Provinz Antalya, stellte sich Özgür Özel hin und sagte lautstark und inbrünstig, er habe ein 32-stündiges Videomaterial, aus der hervorgehe, wie der stellvertretende Bürgermeister von Manavgat, Mehmet Engin Tüter, von der Polizei mit Drogen erwischt und danach unter Druck gesetzt worden sei, um die 110.000 Euro in einer Baklava-Schachtel als Bestechungsgeld anzunehmen und so die CHP zu diskreditieren.

„Wir haben Nachforschungen angestellt und festgestellt, dass der Baklava-Verkäufer Ihr Kollaborateur ist! Sie haben ihn wegen Alkohol- und Drogenschmuggels festgenommen, ihn für einen Monat freigelassen und eine Verschwörung auf die Beine gestellt.“

„Wir haben 32 Stunden Filmmaterial. Sie haben es Minute für Minute geplant“, sagte Özel und fügte hinzu, sie hätten „versucht“, Manavgat an die Partei für Gerechtigkeit und Fortschritt (AK-Partei) zu übergeben.

Nun stelle sich mal einer vor, ein stellvertretender Bürgermeister (CHP) oder der Geschäftsmann, wird von der Polizei alkoholisiert oder mit Drogen erwischt. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft bieten dann diesen an, sich doch als Empfänger von Bestechungsgeld vorführen zu lassen, damit die CHP auch in der Mittelmeer-Küstengemeinde Manavgat in den Fokus der Korruptions- und Bestechungsskandale gerückt wird. Im Gegenzug wird das Drogendelikt unter den Tisch gekehrt und nur noch der Vorwurf der Bestechung laut.

Und der stellvertretende Bürgermeister oder der Geschäftsmann sagen dann überschwänglich und freudig so: "Alles klar meine Herren, ich verzichte darauf, wegen Drogenkonsum 2 bis 3 Jahre einzusitzen und bekenne mich stattdessen der Bestechung schuldig, kassiere dafür 10 Jahre und führe die CHP mit einem weiteren Bestechungsfall der Öffentlichkeit vor."

Das, was der Oppositionschef der CHP sagt, dass muss man sich immer und immer wieder selbst anhören, denn das ist schon kriminell und dummdreist zugleich. Und, vom 32-stündigen Videomaterial schwirrt auch nach Stunden nicht einmal eine Sequenz davon in der virtuellen Welt. Wir werden wohl wie gewohnt vergeblich darauf warten...

Was ist da eigentlich los in der CHP? Ist ja nicht das erste Mal, dass ein Vorsitzender mit einer Verschwörungstheorie aufwartet. Kurz nach dem gescheiterten Putschversuch in der Nacht vom 15. auf den 16. Juli 2016 warf dieselbe CHP der amtierenden Regierungskoalition vor, die Putschisten instrumentalisiert zu haben, um die Macht zu erhalten.

Nun stelle man sich das in diesem Fall so vor. Da tritt der Staatspräsident und Oberbefehlshaber der türkischen Streitkräfte vor Generäle und Offiziere und fordert sie auf, einen Putsch zu unternehmen, der selbstverständlich zum Scheitern verurteilt ist. Dafür bietet der Staatspräsident den Generälen und Offizieren bis zu ihrem Lebensende freie Kost und Logie in einem 5-Sterne-Gefängnis an. Sie sollen also einen Putsch versuchen und scheitern, um dafür im Gegenzug und Lohn ihr Dasein bis zum Lebensende im Knast zu fristen. Und die Generäle und Offiziere so: "Jawohl mein Herr, für sie lassen wir die Familie stehen, verzichten auf die Pension und lassen uns die militärischen Abzeichen runterreißen."

Eben, kriminell und verlogen, dummdreist und abgehoben... Und wissen sie was? Es gibt tatsächlich Empfänger dieser Botschaften, die das für bare Münze nehmen.

Aber es gibt auch Menschen, die so eine kriminelle Energie bestraft wissen wollen und Strafanzeige erstatten. Und so kommt es, dass Özgür Özel nun das erntet:

"Gegen Özgür Özel, Abgeordneter und Vorsitzender einer politischen Partei, wurde von Amts wegen des Vergehens der „öffentlichen Verbreitung irreführender Informationen“ gemäß Artikel 217/A des türkischen Strafgesetzbuchs Nr. 5237 ein Verfahren eingeleitet. Grund dafür sind seine Handlungen bei einer Open-Air-Veranstaltung im Bezirk Muratpaşa der Provinz Antalya, bei der er offensichtlich unwahre Informationen im Zusammenhang mit einem der Generalstaatsanwaltschaft Manavgat unterliegenden Ermittlungsverfahren in einer Weise öffentlich verbreitete, die geeignet war, den öffentlichen Frieden zu stören."

Mal ehrlich, die Videos von der Baklava-Schachtel mit Euros, in der die Geldscheine von einer Hand in die andere wanderten und in der beide sich vergewisserten, dass das nicht in falsche Hälse gerät, gefielen zu Anfang vor allem Özgür Özel überhaupt nicht. In einer TV-Sendung sagte Özel doch: „Das ist überhaupt nicht ermutigend!“, "ich dachte in dem Moment, mir läuft heiße Brühe über den Kopf." Dann sagte er noch: „Wenn sich herausstellt, dass diese Videos inszeniert sind oder so etwas, werden wir hinter unserem Freund stehen. Wenn diese Bilder echt sind, möge Gott ihn tausendfach bestrafen.“

Selbst Özgür Özels Geständnis war nicht gerade herzerwärmend. Es waren ja schließlich Video-Aufnahmen der Bestechungsübergabe und des Fundorts, der Amtsstube, aufgetaucht. Schon früh gab dieser stellvertretende Bürgermeister und CHP-Mitglied Mehmet Engin Tüter zu, Bestechungsgelder angenommen zu haben, und zwar mehr als die 110.000 Euro, sondern im Laufe der Amtszeit einen zwei-stelligen Millionenbetrag.

Natürlich brachte dieser weitere Bestechungs- und Korruptionsfall die Chemie innerhalb der CHP völlig durcheinander. Die laufenden Ermittlungen wegen „Korruption“, „Betrug“, „qualifiziertem Betrug“, „Erpressung“, „Bestechung“ und Inhaftierungen in den CHP-Gemeinden Izmir, Antalya, Adana und Adıyaman, insbesondere in der Metropolregion Istanbul, sind für die CHP „überhaupt nicht ermutigend“.

Als die Bilder aus Manavgat in der virtuellen Welt auftauchten, in den Medien breitgetreten wurden, konnte man nicht nur einfach so „Möge Gott sie bestrafen“ sagen und damit davonkommen. Es ist ein Fass ohne Boden... Man kann es nicht einfach mehr als Einzelfall abtun, es ist wie eine Metastase, die sich im Land ausgebreitet hat.

Wir erinnern uns: Die Zahl der Informanten und Kronzeugen im Rahmen der Bestechungs- und Korruptionsermittlungen einzig im Fall der Istanbuler Stadtverwaltung, womit der ehemalige OB Ekrem İmamoğlu belastet wird, hat die 40er Marke überschritten - und es werden immer mehr und erfassen mitunter auch andere Stadtgemeinden im Land.

Alle Informanten und Kronzeugen haben eins gemeinsam: es sind entweder Ekrem İmamoğlus engsten Berater, Bedienstete der städtischen Betriebe, Manager, Geschäftsleute, alle aus dem Umfeld der CHP selbst.

Sie alle sagen: „Ja, wir haben es getan. ‚Korruption‘, ‚Betrug‘, ‚schwerer Betrug‘, ‚Erpressung‘, ‚Bestechung‘ und was auch immer es ist, wir haben es zusammen mit Ekrem İmamoğlu und mit den städtischen Betrieben getan!“

Das Geständnis des stellvertretenden Bürgermeisters von Manavgat, Tüter, war bis zum Freitag gültig, aber alle Geständnisse in der Akte der Bestechungs- und Korruptionsermittlung in Zusammenhang mit der Istanbuler Stadtverwaltung, die sind laut der CHP immer noch nicht gültig und unwahr? Und jetzt ist auch das Geständnis von Tüter ungültig und eine Verschwörung gegen die CHP im Gange?

Na klar, ich verstehe! Özgür Özel sagt: „Allein gibt es keine Erlösung; entweder alle zusammen oder keiner von uns!“ Denn, die Lage ist nicht nur schlecht, sondern aussichtslos. Wenn es so weitergeht, wird es die CHP auseinanderreißen.

Da hilft auch das Stimmvieh der CHP nicht, das jede vorgesetzte Pantoffel wählt, die mehrmals Wahlen verlieren, dass jede Verschwörungstheorie begierig aufnimmt und sich auf städtische Plätze zitieren lässt, um der CHP-Spitze den Rücken zu stärken, und dennoch mit Nichts dazustehen.