Satiremagazin LeMan und die Mohammed-Karikatur

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Das türkische Satiremagazin LeMan kam auf die Schnapsidee, eine Mohammed-Karikatur zu veröffentlichen. Wütende Anhänger militanter islamischer Organisation versuchten daraufhin das Redaktionsgebäude zu erreichen. Danke für Nichts!

Die Istanbuler Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen wegen Volksverhetzung und Herabwürdigung religiöser Werte nach dem türkischen Strafgesetzbuch §216. Sechs Mitarbeiter des Satiremagazins wurden per Haftbefehl festgenommen.

Von diesem Gesetz hatten die Zeichner und die Redaktionsstube sehr wohl Kenntnis, weshalb darüber einerseits eine kontroverse Diskussion entbrannt ist, andererseits weitere Ausblühungen über Theorien, bisweilen Verschwörungsszenarien zur eigentlichen Intention und Absicht der Veröffentlichung treibt.

In der Türkei hat sich über die Mohammed-Karikatur eigentlich schon eine einhellige Meinung gebildet: die Karikatur war unnötig bis provokant, gar beleidigend und vor allem gegen das Gesetz. Die sich eher säkular bekennende Bevölkerungsschicht betrachtet die Provokation seitens des Satiremagazins LeMan sogar als kostenlosen Treibstoff für die militanten islamischen Strömungen, mit der man niemandem einen Gefallen getan habe, außer den Strömungen selbst, um weitere Anhänger zu generieren.

Einige bekennende Nutzer auf X zeigten sich gar genervt über LeMan und warfen ihr vor, absichtlich die Büchse der Pandora geöffnet zu haben. Ein Nutzer schrieb z. B., "sie wussten, dass das so kommen wird, und deshalb veröffentlichten sie es auch. Meiner Meinung nach war das geplant, ansonsten käme keiner auf diese Schnapsidee". Ein anderer Nutzer schreibt darauf, er vermute eine Macht dahinter, und viel Geld. 

Ümit Doğan, selbstbekennender Säkularist, Autor und Historiker, erklärte auf X, dass die Karikatur sehr wohl eine Beleidigung religiöser oder weltanschaulichen Bekenntnisses darstelle und eine Provokation darstelle.

Und so schließt sich der Kreis und treibt Ausblühungen in allen Farben und Formen. Unterfüttert wird das noch vom Oppositionsvorsitzenden Özgür Özel (CHP), der sich allein, wie ein Schutzschild vor LeMan politisch positioniert hat, nach dem alle anderen Parteivorsitzenden sich davon bisweilen scharf distanziert haben.

Einer davon, einer der vehementesten Gegner der militanten islamischen Organisationen, Ümit Özdağ von der Zafer Partei, winkte beim Solidaritätsaufruf von Özgür Özel sogar aktiv auf Social-Media-Kanälen ab und sprach von einer Falle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Und die anderen vom ehemaligen Bündnis von sechs türkischen Oppositionsparteien, das sich vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2023 bildete und einige Dutzend Stühle der CHP im Nationalparlament ergattern konnte? Die waren gar nicht erst für Özgür Özel erreichbar.

Das Ende der Geschichte? LeMan kann den Laden gleich schließen! Davon hat sich noch keiner, wirklich keiner, egal ob Starmoderator, Starjournalist oder Starschauspieler erholt, der an den Bruchlinien der türkischen Gesellschaft gerüttelt hat. Aber ein Politiker wie Özgür Özel, der steht wieder einmal Abseits, versucht mit der Brechstange dennoch damit zu Punkten. Özel sollte schleunigst seine Politberater austauschen, wenn er noch die Absicht hegt, weiterhin Parteivorsitzender zu bleiben...