Die Außenminister der Türkei, Schweden und Finnland würden sich voraussichtlich am 26. August zu neuen Gesprächen treffen, berichtet eine unabhängige türkische Zeitung. Nach Angaben des schwedischen Außenministeriums ist ein Treffen „in naher Zukunft“ geplant. Dem Bericht zufolge erwartet Mevlüt Çavuşoğlu bei dem Treffen konkrete Antworten, was beide Länder vom gemeinsamen Protokoll bislang umgesetzt haben.
Ist irgend ein Punkt des NATO-Beitrittsprotokolls umgesetzt?
Nach dem gemeinsamen NATO-Antrag Schwedens und Finnlands hatte die Türkei Forderungen gestellt, um den Beitrittsprotokoll der Länder zu ratifizieren. Unter anderem verlangt die Türkei von Schweden und Finnland die Auslieferung einer Reihe von Terroristen. Bislang halten sich die Skandinavier hierzu bedeckt.
Weniger klar ist man in Schweden nach wie vor beim Thema Waffenembargo gegen die Türkei. Vor drei Jahren einigten sich noch alle Parteien darauf, keine Waffen an die Türkei zu exportieren. 2019 sprachen sich im Reichstag im Zusammenhang mit einer anstehenden türkischen Antiterror-Operation auf syrischem Territorium alle Parteien für ein Verbot von Waffenexporten an die Türkei aus.
Schwedische Parteien schwanken
Jetzt schwanken mittlerweile zwei Oppositionsparteien. Noch im Mai machten die schwedischen Liberalen deutlich, was das Thema Waffenexporte an die Türkei angeht. In einem Interview in dieser Woche mit Dagens Nyheter klang der Vorsitzende der Liberalen-Partei Johan Pehrson dann nicht mehr so zuversichtlich.
Als Grund nannte Pehrson, „dass wir jetzt auf dem Weg in die Nato sind“. Es sei inzwischen so, dass man in einer nicht perfekten Welt lebe. Eine ähnliche Antwort gab jüngst der Parteisprecher der Grünen, Per Bolund. Auf die Frage, ob er sich im Falle einer Regierungsneubildung im Herbst einen schwedischen Ministerpräsidenten vorstellen könne, der Waffenlieferungen an die Türkei absegnet, entgegnete Bolund, dass man Waffen an die Türkei ausliefern sollte.
Erdoğan erwartet 73 Auslieferungen
Zum anderen steht vor allem Schweden weiterhin unter Druck. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte öffentlich gegenüber Schweden unmissverständlich deutlich gemacht, dass die Aufnahme in die NATO davon abhänge, wie sich Schweden bei der Auslieferung von 73 gesuchten Personen verhalten werde. Als die schwedische Premierministerin Magdalena Andersson am ersten Tag der Almedalen-Woche auf der Insel Gotland vor die versammelte Presse trat, erklärte Andersson stur, dass sie keine Kenntnis davon habe, dass in Schweden eine neue Auslieferungsliste eingegangen sei.
Schwedische Koalitionsregierung unter Druck
Offensichtlich steht die Koalitionsregierung unter Magdalena Andersson ziemlich unter Druck. Auch sie muss sich mit einer konträren Position auseinandersetzen. Vor dem NATO-Beitrittsantrag erklärte sie noch: „Die Bündnisfreiheit hat uns gute Dienste geleistet.“ Vier Wochen später saß sie während einer NATO-Übung in Norwegen auf dem Fahrersitz eines Panzers. Bislang hat sich noch kein anderer schwedischer Ministerpräsident für solche militärischen Scharaden angeboten, heißt es unter anderem in einem Zeitungskommentar aus Schweden.
Schwedische Linke heizen die Debatte an
Problematisch scheint auch die Linke-Partei in Schweden zu werden. Während des Parteitags der Linken in Almedalen, posierten die drei Linken-Reichstagsabgeordneten Daniel Riazat, Momodou Malcolm Jallow und Lorena Delgado Varas mit Fahnen der kurdischen Terrororganisationen PKK, YPG und YPJ. Ministerpräsidentin Andersson erklärte daraufhin, dass sie an der Regierungsfähigkeit der Linkspartei zweifle. Justizminister Morgan Johansson forderte ebenfalls die Führung der Linkspartei auf, sich von dieser Aktion zu distanzieren. Die Parteivorsitzende der Linken, Nooshi Dadgostar, weigert sich aber, die PKK-Aktion der Parteigenossen zu kommentieren.
Amineh Kakabaveh rückt von ihrer Position ab
Unterdessen musste die unabhängige Reichstagsabgeordnete Amineh Kakabaveh sich vor die Wahl stellen, die Rentenanpassung der Regierung abzusegnen oder mit ihrer Forderung, die Türkei weiterhin zu boykottieren, sich dem Haushaltsentwurf der Regierung zu verweigern. Die Entscheidung von Kakabaveh am Mittwochnachmittag im Reichstag, fiel unter Tränen für den Haushaltsentwurf und damit gegen ihren Boykott gegen die amtierende sozialistische Regierung und deren Entgegenkommen sowie Annäherung an die Türkei.