Ukraine-Krieg: Wenn Dilettantismus Sündenböcke sucht

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Während deutsche Mainstream-Medien einen Sündenbock für die verfehlte westliche Sanktionspolitik gegenüber Russland ausgemacht haben wollen, stellt Lambrecht derweil weitere Waffenlieferungen an die Ukraine infrage.

Die jüngste Hiobsbotschaft der deutschen Mainstream-Medien lautet: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sieht kaum noch Spielraum für Waffenlieferungen an die Ukraine, ohne die eigene Landesverteidigung zu gefährden. Man käme „an die Grenzen dessen, was wir aus der Bundeswehr abgeben können“, erklärt sie.

Wir halten mal fest: der Bundestag hatte seit dem 2. Juni mehrmals Sitzungen zu neuen Waffenlieferungen an die Ukraine verschoben. Laut dem Journalisten Julian Röpcke ist man offenbar nicht einmal in der Lage zu überprüfen, ob man Allschutz-Transport-Fahrzeuge des Typs Dingo abgeben kann oder nicht. Die deutsche Bundesregierung lieferte laut Röpcke genau 0 Waffen an die Ukraine.

Knapp ein halbes Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs hatte die Ukraine eigenen Angaben zufolge Ende Juli 50 Militärtransporter von der Türkei erhalten. Weitere 150 sollten folgen, hieß es in den Medien. Die Türkei lieferte bis zu Beginn des russischen Angriffskrieges mindestens 48 Kampfdrohnen des Typs Baykar TB-2.

Das heißt, die Türkei ging das Risiko ein, lieferte und liefert weiterhin Waffen an die Ukraine. Deutschland eiert derweil immer noch um Waffenlieferungen, während sie auf Sanktionen setzt und diese ausweiten will. Nur, die Welt ist eben größer als Europa und Nordamerika zusammen. Sanktionen bringen daher nichts. „Was verstehen die Türken schon“, murmelt man in Berlin leise vor sich hin.

Nachdem die Russen nun auf Luxus-Güter aus dem Westen verzichten müssen, will man ihnen nun die Einreise in die Luxus-EU erschweren. Das von der Ukraine geforderte europaweite Einreiseverbot für russische Staatsbürger wurde von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihrer französischen Amtskollegin Catherine Colonna jedoch abgewiesen.

Das hält aber die Dilettanten in Deutschland nicht davon ab, die türkische Haltung zu Russland und der Ukraine über Mainstream-Medien negativ ins Licht zu rücken. Dabei sollte sich Berlin einen Anstoß an Ankara nehmen, allen voran dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der die türkische Außenpolitik so gestaltet, dass niemand ernsthaft daran zweifelt, wie sie zum Krieg zwischen der Ukraine und Russland steht, aber dennoch Spielraum lässt, um mit beiden Seiten in Kontakt zu bleiben und die eigenen Interessen zu wahren.

Vielleicht sollte Berlin komplett umdenken und dem Beispiel Ankaras folgen? Statt Russland zu sanktionieren und der Ukraine Waffen vorzuenthalten, sollte sie Waffen an die Ukraine liefern und trotzdem die Beziehungen zu Russland normalisieren.

Das Beispiel Türkei zeigt, dass die Ukraine so etwas eher honoriert, als Berlins bisherigen Kurs. Und Moskau duldet die Waffenlieferungen, solange es weiter Geschäfte mit dem Westen machen kann. Es geht sehr wohl, sich mit beiden Seiten zu arrangieren. Und das Getreideabkommen, das Erdogan eingefädelt hat und das in weiten Teilen Afrikas und Asiens eine Hungerkatastrophe abwenden wird, zeigt, dass man mit Pragmatismus und Diplomatie weit mehr bewegen kann, als mit dogmatischer, ideologisch verblendeter megalomaner Phrasendrescherei à la Baerbock.

Hätte übrigens auch den angenehmen Nebeneffekt, dass man der eigenen Bevölkerung nicht mit irgendwelchen Ratschlägen über Dauer und Temperatur des täglichen Duschvorgangs auf den Zeiger gehen müsste. Und die eigene Wirtschaft müsste man auch nicht gegen die Wand fahren.

Aber halt, stimmt: Es geht ja gar nicht um die Ukraine. Deutsche transatlantische Lobbyisten nutzen den Krieg nur als Vorwand, um Deutschland und damit Europa dauerhaft von Russland zu entfremden und den Stand und Einfluss der USA in und über Europa zu stärken. Das ist die Gelegenheit schlechthin.