In den letzten Wochen und Monaten hatte man das Gefühl, dass die deutschen Waffenlieferungen über das Schicksal des Krieges in der Ukraine entscheiden. Nun stößt laut dem Mainstream Außenministerin Annalena Baerbock den nächsten Fass auf: während ihres Besuchs in der Türkei will sie demnach „Klartext“ sprechen. „Millionen Menschen“ erwarten nun mit Spannung, was man unter „Klartext“ zu verstehen hat.
„Die Türkei ist ein unverzichtbarer Partner und wie kaum ein anderes Land mit unserem verbunden. In Millionen Menschen schlägt ein Herz für unsere beiden Länder“, sagte Baerbock. „Gerade deshalb ist es mir ein Anliegen, dass wir politisch nicht immer weiter auseinanderdriften.“
Quelle: Süddeutsche, 28. Juli 2022
Zunächst einmal zum Weltgeschehen, die Deutschland indessen aufgrund der Gas-Knappheit bewegt: der Ukraine-Krieg. Hier hat sich in den Wochen und Monaten nach der Dauerberieselung durch den Mainstream der Eindruck verfestigt, dass die deutschen Waffenlieferungen das Schicksal des Krieges entscheiden wird. Das gesamte Weltgeschehen hängt also davon ab, ob Berlin der Ukraine die dringend benötigten Waffen liefert oder nicht. Dahingehend hat der Mainstream zwar groß gekleckert, aber es wurde keineswegs in diesem Umfang geliefert wie man dann annehmen dürfe.
Berlin liefert halt irgendetwas und in einer Menge, womit die ukrainische Armee sich wenigstens das Haupt schützen oder halbwegs einschießen kann. Offensichtlich will Berlin mit dieser Drosselung Moskau nicht erzürnen, während man hinnehmen muss, wie das Gas in Richtung Deutschland immer weiter gedrosselt wird.
Auch sonst spricht man zwar in höchsten Tönen, wenn es um Kooperationen mit Verbündeten geht, aber das stellt sich dann wiederum als Bluff heraus. Ein geplanter Panzer-Ringtausch zwischen Polen und Deutschland, bei der östliche Verbündete leicht bedienbare russische Panzer, der Ukraine zur Verfügung stellen und im Gegenzug moderne Waffen erhalten, scheint nun an Berlin selbst zu scheitern.
Ob Deutschland mit dieser Vorgehensweise das Schicksal des Krieges maßgeblich beeinflussen wird? Überlassen wir das den „Millionen Menschen“, die übermorgen an den Bildschirmen kleben werden, um Außenministerin Annalena Baerbock in Ankara beim angekündigten „Klartext“ gegenüber dem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu live zu verfolgen. Zumindest hat dass der deutsche Mainstream so angekündigt.
Çavuşoğlu wird jedenfalls ganz nach türkischer Manier die deutsche Außenministerin mit militärischen Ehren empfangen; zu Ehren der Jahrhunderte alten Freundschaft zwischen der Türkei und Deutschland sowie auf der langen Tradition fußendem Bestandteil des diplomatischen Protokolls. Danach wird man sich zurückziehen und hinter verschlossenen Türen über alles reden. Selbstverständlich wird man anschließend bei der gemeinsamen Pressekonferenz die Ansichten teilen. Hier wird sich dann entscheiden, ob die türkische Gastfreundschaft gebührend geschätzt wurde oder nicht und wie Çavuşoğlu darauf reagieren wird.
Mal ehrlich: Ein Çavuşoğlu hat schon ganz andere internationale Kaliber während der vielen gemeinsamen Presseerklärungen zurecht gestutzt und ein Erdogan, der ja laut deutschen Mainstream-Medien einen wie „Putin warten ließ“ (Teheran-Treffen), soll sich von Baerbock „Klartext“ anhören? Obwohl, soweit wird es nicht kommen, bei der Sprach- und Sachkompetenz, die Baerbock mit einer frisierten CV besitzt. Die Dolmetscher des türkischen Außenministers werden selbst damit zu kämpfen haben, das Klartext-Gespräch von Baerbock halbwegs verständlich zu übersetzen.