Europäische Länder haben laut einem internationalen Netzwerk von Journalisten ihre Importe von Phosphat, einem wesentlichen Bestandteil von Düngemitteln, aus Syrien wieder aufgenommen, obwohl das Land seit 2011 restriktiven Maßnahmen der EU unterliegt.
Syrien, das über eines der größten bekannten Phosphatreserven der Welt verfügt, unterliegt aufgrund des gewaltsamen Vorgehens des Assad-Regimes gegen die eigene Zivilbevölkerung Sanktionen der westlichen Welt. Auch die Europäische Union trat diesen Sanktionsmaßnahmen bei. Erst im Mai 2022 hatte die EU die Sanktionen um ein weiteres Jahr bis Juni 2023 verlängert und weitere dem Assad-Regime nahe Unternehmen, Oligarchen und Familien in die Sanktionsliste aufgenommen.
Die restriktiven Maßnahmen umfassen u. a. ein Erdöleinfuhrverbot, Restriktionen bei bestimmten Investitionen, das Einfrieren der in der EU gehaltenen Vermögenswerte der syrischen Zentralbank, Ausfuhrbeschränkungen für Ausrüstung und Technologie, die zur internen Repression verwendet werden können.
Der Handel mit Phosphaten, der eigentlich internationalen Sanktionen unterliegt, hat sich dank Schmuggel und Gesetzeslücken dennoch prächtig entwickelt, erklären die Journalisten des internationalen Netzwerks Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) mit Sitz in Maryland, USA.
In Zusammenarbeit von Journalisten der Syrian Investigative Reporting for Accountability Journalism (SIRAJ), dem Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) und Lighthouse Reports wurde der auffällige Export-Boom der syrischen Phosphatindustrie nach Europa untersucht, der in den letzten Jahren zugenommen habe.
Die Journalisten deckten bei ihren Recherchen auf, dass sanktionierte syrische Unternehmen wie auch Personen sich an diesen Exportzuwächsen bereichert hätten, damit aber auch Kriegsprofiteure und das syrische Assad-Regime.
Die größten Importeure sind demnach Serbien, die Ukraine sowie EU-Mitglieder wie Italien, Bulgarien, Spanien und Polen. Der illegale Handel wird über einer Vielzahl von Vermittlern und Tarnfirmen abgewickelt, um eine direkte Beteiligung zu verschleiern, heißt es in eine Bericht der bereits im Juni 2022 veröffentlich wurde.
Die gemeinsamen Recherchen ergaben, dass die meisten Frachtschiffe die syrische Häfen verließen, ihre Tracking-Systeme abschalteten, um ihre Position wie auch das Ziel der Ladung zu verschleiern.
Trotz der Risiken gegen bestehende Sanktionen zu verstoßen, haben Serbien, die Ukraine und vier EU-Staaten seit 2019 syrisches Phosphat im Wert von über 80 Millionen US-Dollar importiert, so eine neue Untersuchung der OCCRP.
Problematisch urteilt die OCCRP dabei das russische Unternehmen Stroytransgaz, die ebenfalls Sanktionen der USA und der EU unterliegt. Die EU hat auch zwei Hauptakteure sanktioniert, darunter auch einen, der in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg steht. Das syrische Familienclan Toumeh und den Eigentümer des Unternehmens Stroytransgaz, Gennady Timchenko. Timchenko ist ein milliardenschwerer Oligarch und enger Vertrauter des Kreml.
Aber weder die USA noch die EU verbieten ausdrücklich den Kauf von syrischen Phosphaten, das doch über diese Personen und Kreise abgewickelt wird, die ebenfalls Sanktionen unterliegen.
„Syrisches Phosphat ist sehr blutig, nicht nur wegen des Konflikts in Syrien, sondern auch wegen der Ereignisse in der Ukraine“, sagt Glen Kurokawa, Analyst der Gruppe CRU. Angesprochen auf die Importe sagte die EU-Kommission gegenüber der OCCRP, es sei Sache der einzelnen Länder zu entscheiden, ob syrische Phosphatimporte Sanktionen brechen. Staatliche Behörden in Bulgarien, der Ukraine und Serbien bestätigten, dass sie den Handel als legal ansehen. Die italienischen Behörden antworteten erst gar nicht auf Bitten um Stellungnahme.
Ein Bericht des Politico aus dem Jahr 2018, wonach Griechenland syrisches Phosphat kaufe, sorgte im Europäischen Parlament noch für Unruhe, weshalb die Importe bald darauf herunter gefahren wurden. Gegenwärtig scheint das aber niemanden mehr zu tangieren.