Was für Hoffnungen setzten Oppositionsanhänger in der Türkei auf Kemal Kılıçdaroğlu; dem türkischen Präsidentschaftskandidaten, der in der Stichwahl gegen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan mit Demokratie sowie Tugenden antritt. Die Ereignisse der letzten Monate schlagen jedoch ins Negative um.
Mai 2023
Der Herausforderer von Recep Tayyip Erdoğan, Oppositionschef Kemal Kılıçdaroğlu, will sich nach dem Wahldebakel ein neues Image verpassen. Offensichtlich hat sein Wahlkampfteam eine neue Idee aufgeschnappt, um den Chef in die Präsidentenresidenz in Beştepe zu katapultieren: ihm das Image eines Grauen Wolfes überzustülpen.
Die vorläufige Verhaftung von zwei türkischen Journalisten der Tageszeitung Sabah Avrupa in Hessen, könnte eine Sprengkraft besitzen, die weit darüber hinaus geht, als nur Botschafter herbei zu zitieren.
Journalisten der türkischen Turkuvaz Media Group wurden offensichtlich von Sondereinsatzkräften der Polizei SEK nach unbestätigten Angaben in der europäische Zentrale der türkischen Tageszeitung Sabah in Frankfurt am Main in den frühen Morgenstunden festgenommen und abgeführt.
Aufgrund des Wahlausgangs in der Türkei und der bevorstehenden Stichwahl zur türkischen Präsidentschaft liegen bei Oppositionsanhängern die Nerven blank. Hasstiraden gegenüber Auslandstürken wie auch Solidaritätsentzug gegenüber Erdbebenopfern nehmen in sozialen Medien breiten Raum ein.
Es ist der 15. Mai 1919, als um 7:30 Uhr die griechischen Kriegsschiffe Patris und Atronitos am Hafen von Izmir festmachen und Soldaten des Efzon-Regiments an Land gehen. Die Besetzung der großen Wirtschaftsmetropole wurde bei den Friedensverhandlungen in Paris beschlossen, obwohl es in einem geheimen Abkommen zuvor Italien zugesprochen worden war.
Hakan Bayrakçı, Gründer des türkischen Umfrageinstitus SONAR, warnt seit Jahren die Oppositionspartei CHP, sich mit der völkisch-kurdischen HDP bzw. deren Yeşil Sol Parti (Grüne Linke Partei, YSP) abzugeben, um gegen den amtierenden Präsident Erdoğan anzutreten. Andernfalls werde die Partei Atatürks vom eigenen nationalen Lager nicht gewählt. Bayrakçı spricht dabei von einer seit Jahrzehnten wandernden Wählerschaft, die bis zu 15 Prozent ausmache und eine für die türkische Politik maßgebliche Rolle spiele.
Am Wahlabend haben rund 44 Prozent der türkischen Wähler hautnah erleben müssen, in welche Filterblase sie während des Wahlkampfs hineinmanövriert wurden. Das Wahlergebnis ist für die Oppositionswähler entsprechend enttäuschend wie ernüchternd.